Manchmal haben alte weiße Männer auch was Gutes. Zum Beispiel wenn ein in die Jahre gekommener und der einstigen Relevanz hinterher trauernder Showmaster in einer launigen Talkrunde sitzt und sich über den Verfall der schönen deutschen Sprache beklagt. Nix darf er mehr sagen und falls doch, muss er es gendern. Thomas G., ehemaliger Gigant der Samstag-Abend-Unterhaltung, versteht die Welt nicht mehr.
Was daran gut ist? Mit seinem Gefasel inspirierte er Lisa-Anna und Lennart, auch bekannt als ELL, zu dem Song "Salzstreuerin", den ihr jetzt auf dem neuen Album "Langweilig" hören könnt. Denn was gibt es schöneres, als Salz in die Wunden des Patriarchats zu streuen? Eben. Ist aber nicht der einzige Hit auf der Platte. In eine ähnliche Kerbe haut "Mein Körper, meine Entscheidung". Wichtige Message. Kann nicht oft genug gesagt werden. Vor allem in einer Welt, in der menschenverachtende Arschlöcher mit Slogans wie "Your body, my choice. Forever." immer noch viel zu laut sind. Unterstützt werden die Musiker*innen bei dem Song von Kim Hoss, ihres Zeichens Podcasterin, Illustratorin, Sängerin, Fotografin, kurz Multitalent. Ansonsten bleiben die beiden zu zweit, was man angesichts der gewaltigen Soundkulisse manchmal gar nicht glauben kann. Schon immer wieder faszinierend, was mensch mit minimaler Besetzung so zu reißen vermag. Daher spart euch die langwierige Bandsuche, schnappt euch einfach die beste Freundin, sucht euch ein Instrument aus und los geht's. Ein weiterer Pluspunkt: je weniger Leute in der Band, desto weniger Terminprobleme. Und nach dem kleinen Exkurs zum Thema "Bandgründung" jetzt ein eleganter Schlenker zurück zu einem weiteren Kracher auf "Langweilig", Obacht: Ihr müsst auch nicht sein wie "Avril Lavigne", denn die gibt's ja schon (und sie war mal mit dem Typen von Nickelback verheiratet, den Teil würde ich beim Leben tauschen auf jeden Fall skippen. Wobei wir ja auch eigentlich alle wissen, dass die Kanadierin eh ab 2003 von einer Doppelgängerin ersetzt wurde. Tschuldigung, aber Avril Lavigne aktiviert jedes Mal das Gossip-Areal meines Gehirns.) Also, falls einige von euch immer noch verinnerlicht haben, dass mensch mindestens so gut sein muss, wie Künstlerin xy, bevor mensch sich mit dem eigenen Schaffen an die Öffentlichkeit traut, vergesst das ganz schnell wieder. Jede hat das Recht auf der Bühne zu stehen und wenn sich die Chance bietet, direkt nutzen. Ich merke schon, die Songs auf diesem Album verleiten mich zum abschweifen, also bevor das hier weiter ausartet, ab zur knackigen Catchphrase.
ELL vereinen auf ihrem Album erneut Introspektives und Gesellschaftskritik mit gezuckerten Popmelodien und ruppiger Punk-Attitüde. Mir gefällt das und ihr solltet da mal reinhören. Veröffentlicht wird wieder einmal auf dem großartigen "Ladies & Ladys" Label und die Tour ist ebenfalls bereits in Planung.