Tim Armstrong:
Rock'n'Roll Theater
Man kann drüber streiten, ob die Welt auf ein Punkrock-Musical gewartet hat. Auch darüber, ob das von und mit den reich und sexy gewordenen Gilman-Street-Veteranen Tim Armstrong, Lars Frederiksen und Davey Havok den von niemand gestellten Anspruch besonders prickelnd umsetzt. Okay, die Produktion ist hochprofessionell, die Jungs haben's ja. Aber das Originalitätsniveau der an Dantes Inferno angelehnten Geschichte über den zur Hölle fahrenden Großkriminellen Dante Wilson (Frederiksen) liegt dann doch knapp unterhalb der Raumtemperatur. Wieder auf der Haben-Seite: Frederiksen (mit überschminkten Gesichtstattoos) legt eine akzeptable schauspielerische Leistung hin, und der Musical-erfahrene AFI-Shouter Davey Havok (spielt am Broadway den St. Jimmy in der Bühnenversion von Green Days American Idiot, auch da spare ich mir die Frage, ob die Welt darauf gewartet hat) ist als Teufel wirklich eine Wucht. Ja ja, wenn die Edger mal böse sein dürfen...
Worauf die Welt dann aber wirklich gewartet hat, ist der Soundtrack. Denn der ist, für sich betrachtet, nicht weniger als ein neues Soloalbum von Rancid-Frontmann und -Mastermind Tim Armstrong. Und wo Armstrong drauf steht, ist auch Armstrong drin. Diesmal nicht durchgehend im Reggae-Gewand, wie bei „A Poet's Life“ und teilweise deutlich poppiger arrangiert, als wenn die Songs mit dem Stempel „Rancid“ hätten abgeliefert werden müssen. Ein paar Punkrock-Smasher sind aber auch dabei, „Change That Sound Mr. DJ“ oder „Oh Hollywood“ hätten auch zur Haupteinnahmen-Kapelle gepasst. (Hat er mit denen nicht auch gerade wieder einen Braten in der Röhre? Ey, wat hat der Kerl für einen kreativen Output?! Langweilt sich wahrscheinlich beim Kacken und hat pünktlich zum Abspülen einen neuen Hit auf dem Zettel...). Gesungen (beziehungsweise genölt) wird alles vom Meister selbst. Schade eigentlich; die Rock'n'Roll-Nummer „Missconceptions“ zum Beispiel kann im Musical, von Havok gesungen, 'ne ganze Ecke mehr. Unterm Strich ist das Album trotzdem eine runde Sache. Musikalisch.
Aber das Format! Ja gut, 5 Dollar (zur Zeit ziemlich genau 3,90 Euro) für 14 (gute!) Songs als DRM-freie MP3-Dateien und die erste, zwanzigminütige Episode des Musicals, sowohl in normaler als auch in Full-HD-Auflösung, da kannste eigentlich nicht meckern. Trotzdem bin ich dekadenter alter Sack ein Freund von physischen Tonträgern. Komm, Timmyboy, hau dat Dingen über Hellcat raus, am besten als Vinyl, verkauft sich garantiert wie geschnitten Brot. Ich tät jedenfalls schon mal eine nehmen.