NoFX:
Self Entitled
Ein neues NOFX-Album! Alle drei Jahre eine große Freude, da die vier Mannen aus Kalifornien zwar viel ausprobieren, nach ein paar verrückten EPs aber meistens ein schnörkelloses In-die-Fresse-USA-Punkrock-Album abliefern.
So auch dieses Jahr mit der neuen Scheibe Self Entitled, die gleich im Titel mit einem unübersetzbaren Wortspiel daherkommt.
Die Musik klingt so, wie NOFX eigentlich immer klingt, dieses Mal komplett ohne Trompeten und auch musikalisch nicht immer mit dem Fuß auf dem Gaspedal, vielleicht haben sie bei der vorangegangenen Hardcore-EP zuviel Energie verbraucht und müssen jetzt mehr Midtempo-Nummern einstreuen.
Der Gesang von Fat Mike klingt auch wie gewohnt und die Hintergrundshouts von Eric Melvin sind auch schief wie eh und je.
Eigentlich ein ganz gutes Album, aaaaber: Inhaltlich ist der Opener "72 Hookers" ein dermaßen tiefer Griff ins Klo, dass er den durchaus gelungenen Teil der Platte negativ überschattet.
In besagtem Song wird voller dämlicher Plattitüden die aktuelle Situation im Nahen Osten aufs Korn genommen. NOFX waren zwar nicht immer Freunde von nur subtiler Kritik an bestehenden Zuständen (vgl. "The Idiot Son of an Asshole"), aber was im ersten Track der neuen CD geboten wird, unterbietet vom Niveau her sämtliche Stammtischgespräche, denen ich in letzter Zeit beiwohnen durfte. Die Aussage des Songs ist, dass radikalislamistische Spinner "uns" im Westen nur terrorisieren, weil sie keinen Sex haben, und dass sich dieses Problem ganz einfach lösen ließe, wenn man einhunderttausend Nutten nach Afghanistan und in den Irak exportiert ("when everyone is getting blowjobs, that's when we'll finally have world peace"). Ich will das Ganze hier auch gar nicht vor dem Hintergrund der aktuellen Kontroverse um den neuen Mohammed-Schmähfilm diskutieren und es gibt da sicher auch soziokulturelle Zusammenhänge, die im Kern mit den angesprochenen Problemen zu tun haben, aber so plump dargereicht ist es wirklich nichts anderes als dümmliches Dorfgeschwätz, das von einem eingeschränkten Weltbild zeugt und ich so von einem NOFX-Album nicht erwartet hätte.
Wie anfangs bereits erwähnt, ist der Rest der Platte durchaus hörbar. Da Barack Obama in seiner bisherigen Amtszeit keinen neuen Krieg angefangen hat, wird ein bisschen in der Vergangenheit gewühlt und die Reagan/Thatcher-Ära kritisiert (Ronnie & Mags), in den anderen Titeln geht es wie immer um Drogen, die Kirche und den Staat.
Auch auf diesem Album ist wieder eine autobiografische Nummer von Fat Mike zu hören, dabei handelt es sich aber nicht um den Song "I, Fatty" (in dem geht es um den Stummfilmschauspieler Roscoe Arbuckle), sondern "I've Got One Jealous Again, Again", ein klarer zweiter Teil des Songs "We've Got Two Jealous Agains" von der War on Errorism aus dem Jahre 2003. Während es in dem älteren Song um die Hochzeit seiner Frau und die darauffolgenden Doppelexemplare in der gemeinschaftlichen Plattensammlung geht, geht es in der neueren Nummer um die Scheidung und die Auflösung des gemeinsamen Haushalts, in dem mit vielen Wortspielen aus Plattentiteln die neue Lebenssituation dargestellt wird. Da seine (Ex-)Frau lieber die US-Ausgabe des Dschungelcamps guckt, statt mit ihm Misfits zu hören, war die Scheidung vielleicht die beste Option.
In "Cell Out" und "My Sycophant Others" werden weitere Wortspiele im Titel verwurstet, innerhalb der Songs kriegen diejenigen, die Fat Mike als Sellout bezeichnen, sowie Arschkriecher ohne eigene Meinung ihr Fett weg. Die CD schließt mit einem Song über die Abschaffung von Weihnachten, was ja auch hierzulande in Berlin erfolglos versucht wurde.
Fazit: Bis auf den ersten Track ein gutes Album.