Talco:
Gran Galà
Neue CD von Talco! Aha, gute Sache, nehm ich doch mal das Rezi-Exemplar mit. Mein Enthusiasmus über neue CDs dieser Band war zwar vor fünf Jahren noch etwas größer, aber als mittlerweile zum Skapunkbeauftragten von Bierschinken aufgestiegener Person fällt es natürlich mir zu, was über die zu schreiben, damit wenigstens ein paar wohlwollende Worte über das Album gesagt werden.
Wer Talco nicht kennt, hat bisher auf jeden Fall energiegeladene Liveshows verpasst, aber gut, solche Leute gibt es immer. Talco ist eine sechsköpfige Truppe aus der Gegend von Venedig, die trotz nahezu ausschließlich italienischer Texte auf deutschem Boden große Erfolge feiert. Vielleicht auch, weil sie wirklich unentwegt in Deutschland und drumherum auf Tour sind. Egal - neues Album, das fünfte mittlerweile.
Das Album kommt mit aufwendigem Artwork und hinten im Booklet stehen die Texte auch auf Englisch übersetzt, sehr wertvoll, gut mitgedacht, denen geht es wohl wirklich darum, dass ihre Message auch beim Publikum ankommt - und wenn das Publikum kein italienisch kann, muss halt nachgeholfen werden. Hilft auch, die einzigen Tracks, die ich mit meinen in Kochbüchern erworbenen Italienischkenntnissen hätte übersetzen können, wären "La Macchina Del Fango" - die Schlammmaschine (geil, mit drei m!) gewesen, und das Wortspiel hinter "Teleternità" erschließt sich wohl auch so den meisten.
Was mir ohne das Textblatt aber entgangen wäre, ist, dass die Platte mit der jüngeren italienischen Geschichte und insbesondere der Ära Berlusconi abrechnet. Da das ungehemmte Agieren dieses Kabinetts mir als Ausländer schon die Galle hochkommen ließ, will ich gar nicht wissen, was man empfindet, wenn das in dem Staat passiert, in dem man mehr oder weniger freiwillig sein Leben absitzt, ich jedenfalls wäre ziemlich angepisst. Und würde wahrscheinlich auch auf dezent aggressive Musik setzen, aber hier unterscheide ich mich wohl von den Mannen um Tomaso Di Mattia.
Die ersten zwei Alben von Talco waren nämlich noch ohne Zweifel dem Skapunk der flotten, gitarrenlastigen Sorte mit druckvollen Bläsern zuzurechnen, von diesem Kurs ist man über die Jahre (leider, sage ich) abgekommen. Neben der klassischen Besetzung aus Gitarre, Schlagzeug, Bass, Gesang + Bläsersektion wird hier gelegentlich auf (und jetzt schreibe ich aus dem Beiblatt des Labels ab) Mandoline, Akkordeon, Bouzouki, Streicher und Akustikgitarre zurückgegriffen.
Die mehrstimmigen Hintergrundchöre verleihen der Musik zwar weiterhin den revolutionären Arbeiterlieder-Touch, der Talco nach wie vor zu was besonderem macht, durch die neugewonnenen Instrumente mutet das ganze aber auch sehr weltmusikalisch an, was ich in meinem heimischen CD-Player nicht ganz so gut haben kann.
Nichtsdestoweniger ein aufwendig designtes, gut hörbares Album, das vor allem Lust auf eines macht: Die nächste Liveshow von Talco, oder auf dem Weg dahin die alten Platten mal wieder reinschmeißen.
Meinungen anderer Eierköppe zum Album:
Talco? Die hab ich nach den ersten beiden Alben auch irgendwie im Hafenbecken verklappt
- T. Fisch
Sind für nebenbei Live sicherlich ganz unterhaltsam, also Talco, nä, aber für zu Hause oder auf Pladde? Ne, das mir dann irgendwann echt zuviel "Umpta umpta tröt tröt"
- Axel F.