Bochum Total 4. Tag mit Mambo Kurt, Boppin B, Dúné,... am 05.07.2009 im Bochumer Bermudadreieck
Bochum Total (Sonntag) am 05.07.09
Das übliche Umherlaufen durch die Straßen des Bermudadreiecks ergibt keine neuen Erkenntnisse, weswegen wir uns schon bald vor der Waz-Bühne einfinden: Boppin'B spielen dort. Die Rockabilly-Größe aus Aschaffenburg hätte auch gut auf ner größeren Bühne spielen können, so brechend voll ist es hier.
Überhaupt ist der Platz hier eher ungeeignet. Hinter der Bühne die Bahntrasse, davor ein großer Brunnen, hinzu kommen noch die vielen sichtversperrenden Sonnenschirme - viel schlimmer finde ich aber einen Teil des Publikums. Einige Leute hier haben anscheinend Stehplatzreservierungen und weichen keinen Millimeter, wenn man sich nur mal eben vorbeischlängelt.
Naja, is halt kein Punkkonzert hier. Boppin B ist trotzdem eine lustige Liveband, mit Betonung auf lustig - ständig Spass inne Backen, jeder aus der Band darf mal nen Scherz durchs Mikro jagen, sehr erfrischend. Dazu Rockabilly-Songs auf deutsch und englisch, was ganz gut zum Tanzen einladen würde, aber dank der Stehplatzkarten-Inhaber nicht so ganz übergreift.
Richtig locker wird das Publikum erst, als gegen Ende das Sasha-Cover "If you believe" rausgeschmettert wird, dem sie wohl auch ihre Popularität zu verdanken haben. Und wenn die Zuschauer erstmal warm sind, gibts auch gleich das nächste Live-Ritual: Auf die Klischee-"Do you feel alright"-Frage sollen alle mit "Scheißkapelle!" antworten.
Klappt sogar! Jau, gute Stimmung bei Boppin'B, alle begeistert. Etwas überraschend wenn auch lustig noch das letzte Lied: Ein Cover von "King of the Bongo", dem großen Hit des großen Manu Chao beziehungsweise seiner alten Band Mano Negra - in der Rockabilly-Version, wieso auch nicht.
Schnell Bier holen, und weiter geht's mit dem nächsten Act: Mambo Kurt! Heimlicher Headliner des heutigen Tages! Zu Beginn stellt er fest, dass er nur 45 Minuten Zeit hat, weswegen er direkt mit der Zugabe startet. Es folgt ein Song, der sich nach einer Umfrage zum letztjährigen Wacken als größter Hit Deutschlands herausgestellt hat: "Maria (I like it loud)" von Scooter! Ächz!
Nico stellt die These in den Raum, dass Mambo Kurt ein Roboter ist - sieht seit Jahren gleich aus und redet auch wie ein Roboter. Jau, kommt hin. Trotzdem macht es immer wieder Spaß, den Heimorgelkönig zuzuschauen - egal ob hier, im Saarland oder auf dem Wacken Open Air!
Natürlich achtet Mambo Kurt sehr auf seine Fans der härteren Gangart. Also covert er anschließend nicht nur Rage Against The Machine, sondern auch noch Nirvana - und lässt sich zu einem kurzen Stagedive hinreißen.
Anschließend erzählt er uns, wie er mal als Vorgruppe von Chris De Burgh auftrat und dort auf dem Boden aufknallte, da ihn von den Hausfrauen in der ersten Reihe niemand auffangen wollte. Großartige Story! Bei uns klappt das besser, aber lange dauert sein Ausflug über unseren Köpfen auch nicht.
Zeit für härtere Musik? Yeah! Slayer - Raining Blood! Der Song darf bei Mambo Kurt nicht fehlen! Astrein! Aber irgendwie zu wenig Metaller im Publikum. Schade.
Und von wegen Roboter! Ein paar Showelemente sind tatsächlich neu. So stellt uns Mambo Kurt vor, was sich die Musikindustrie als Nachfolger der Heimorgel ausgedacht hat - aber nie an diese herankam. Ein Umhängekeyboard zum Beispiel, zu dem man zwangsweise ein weißes Outfit tragen muss - es folgt "Allein allein" von Polarkreis 18, sogar mit passend hoher Stimme.
Auch als Nachfolger gedacht: Musikcomputer! Exemplarisch hat Mambo Kurt einen C64 mitgebracht - genauer gesagt, ein C64-2, wie ein Computerfachmann vor uns erklärt. Und auf dem könne man nur vier Takte einspeichern - perfekt für, na, welches Lied? Remmi Demmi von Deichkind! Klar, dass das Publikum beinahe komplett den Gesang übernimmt.
Puh, schon viel zu viel geschrieben zu Mambo Kurt. Auch Michael Jackson wird gespielt - weil er noch nicht unter der Erde ist und Mambo Kurt gerade weiße Socken anhat. Beat It in der Heimorgel-Version, großartig! Anschließend noch "Sing Hallelujah" und natürlich der Song, mit dem jedes Mambo-Kurt-Konzert beendet wird: "Musik ist Trumpf"
Zu diesem Lied gibts dann auch endlich die lang ersehnte Polonaise - nicht nur eine, gleich mehrere Menschenschlangen tümmeln sich im Publikum. Großartig! Geiler Auftritt, ich würd mal sagen wir sehen uns dann auf dem Wacken!
Und dann? Erstmal spielt keine Band mehr, die mich interessiert. Mit "erstmal" meine ich, bis zum nächsten Jahr - das Festival ist ja bald vorbei. Heute Abend sind noch Dúné, Black Stone Cherry und Pamela Falcon dran. Zweitere klangen beim Soundcheck ganz nett, uns verschlägt es trotzdem zur 1Live-Bühne, wo Moderator Mike Litt die Band ankündigt.
Dúné nennt sich die Gruppe, ist leider (DAS wär lustig geworden) nicht die 90er Trance-Gruppierung, sondern hat eben Akzente auf den Vokalen. Originell. Kommen aus Dänemark und haben, wenn man sich das so anschaut, fast ausnahmslos weibliche Fans.
Auch ne Band, die an mir bisher ziemlich vorbei gegangen ist. Sehen alle aus wie 17, springen aber wie Furien über die Bühne. Besonders der Sänger hat wohl zuviele Duracell-Batterien geschluckt.
Ganz Band der Stunde, gibt es Electro-Rock zu hören. Also das, was in den 80ern geboren und zu Grabe getragen wurde, um dann 20 Jahre später eine unvergleichbare Auferstehung zu feiern. Im Sound überwiegen Keyboard- und Synthietöne, dazu ein wenig Gitarre und stimmbruchfreier Gesang.
Ein Keyboard reicht der Band auch nicht. Ne Quotenfrau unterstützt nicht nur die elektronischen Sounds, auch Gesang lässt sie immer mal mit einfließen. Viel lustiger ist aber, wie sie ständig quer über die Bühne springt, wenn sie mal sonst nix zu tun hat.
Den Fans vor der Bühne gefällts, ich finds offen gestanden auch gar nicht soo schlecht. Electrobeats haben noch so mancher Band aus ihrer Belanglosigkeit gerettet, und so gibts auch hier recht tanzbare Töne, bei denen mich einzig der Gesang auf Dauer mehr als nervt.
Auch ein Highlight: Die Haare vom Gitarristen, sieht man die? Da hinten? Hochtoupiert bis an die Bühnendecke. Auch sowas, was sich seit über 20 Jahren keiner mehr getraut hat. Ich bezweifle aber, dass die Band damals schon gelebt hat.
Naja. Is okay die Musik, mein Ding isset nich aber gibt deutlich schlechteres. Soweit mein Fazit zu dieser Truppe.
Anschließend ein wenig rumlaufen. Auf Bochums Straßen ist heute weniger los - Sonntag halt. Also gucke ich, obs mich noch irgendwo hält. Black Stone Cherry sind doch nicht so hart wie gedacht, Doris Klit spielen im hoffnungslos überfüllten ThreeSixty, Alex Milla im Café Konkret entlockt mir ein Gähnen - also noch kurz ein Langos futtern und zurück gehts nach Hause...
Fazit von Bochum Total: Lohnenswert eigentlich immer. Es ist um die Ecke, es ist umsonst, man kann eigene Getränke mit reinnehmen - aber das Line-Up halt für meinen Geschmack etwas dürftig, auf neue Entdeckungen wartete man auch vergebens. Aber das konnten "alte" Hasen wie Jupiter Jones und Mambo Kurt wieder rausreißen. Das Publikum kam mir angenehmer vor als letztes Jahr, dass gratis-Festivals viel Prollpack anlocken ist ja hinreichend bekannt - also dann, bis zum nächsten Mal.