Ruhrpott Rodeo 2011 Tag 1: Jello Biafra, The Dwarves, Knochenfabrik, Leatherface, Pascow, Distemper, Kassierer, Jaya the Cat, Abfukk, The Grit, Zwakkelmann, 11.06.2011 in Hünxe, Flugplatz Schwarze Heide - Bericht von Fö
Ruhrpott Rodeo 2011 Tag 1, 11.06.2011 in Hünxe
Spielen ja eh erst am zweiten Tag, hier erstmal der Bericht für den ersten:
Ein paar reisen schon Freitags an, uns hingegen reicht der Samstag - und eine Autoladung aus Berlin macht irgendwas dazwischen. Bönx, Frau Wolfram, Et Jäzz, Carolita und Safi fahren und saufen tatsächlich die Nacht durch, schlagen um 5 Uhr(!) bei mir auf und wollen wenige Stunden später weiter zum Rodeo. Aua. Preisfrage: Was macht man, wenn zum Pennen ne 16-Quadratmeter-Couch zur Verfügung steht? Antwort: Man legt sich daneben! Safi gewinnt den goldenen Kotzeimer.
Auf auf! Ilona, Jens und ein Haufen weiterer Idioten ist schon da und hat Platz freigehalten (danke, ey!), wir brauchen also nur ankommen. Und Bier trinken. Übrigens mein erstes Festival (mal abgesehen von Ein-Tages- oder Indoor-Dingern), das ich mit alkfreiem Bier überstehen muss. Ojeoje! Ob ichs geschafft habe wollt ihr wissen? Naja, fast.
Rein da, ab vor die Bühne! Die erste Band des Tages und somit des Festivals: ABFUKK! Starten den Auftritt auch gleich mit dem gleichnamigen Lied. Und bepöbeln artig das Publikum, wir fühlen uns leicht an den großartigen Hammerhead-Auftritt im letzten Jahr erinnert. Der Gitarrist fragt, wo denn die Nackten seien, dies sei schließlich ein Punkfestival...
Tolle Band. Deutschpunk auf 80er Ami-Hardcore getrimmt. Nachfolgeband von Italian Stallion und live ein absolutes Erlebnis, wie ich letztes Jahr in Schwerte schon feststellen durfte. Ist aber eindeutig eine Band für kleine Bühnen schimmeliger AZ's, auf so nem Festival fehlt dann doch ein wenig die Nähe zum Publikum.
Sind aber immerhin schon einige Pogowillige da, lassen sich sogar zu einem Circle Pit überreden - nur die Nackten, die habe ich immer noch nicht gesehen. Keine Sorge, kommen noch. Aber erstmal Abfukk. Haben übrigens ihre neue Single "Keine Kompromisse mehr" im Gepäck und gehen nächste Woche auf "große" Tour.
Nächste Band: THE GRIT! Vorn paar Jahren zufällig entdeckt, als mich ihr Album "Straight Out The Alley" ordentlich begeistern konnte. Furiose Mischung aus Punkrock, Rockabilly, Folk und Ska. Als würden The Living End und The Pogues gemeinsam ihre Liebe zum Offbeat entdecken. Glücklicherweise sind die Lieder nicht ganz so verquirlt, die Stile wechseln sich eher ab.
Von der Band bekomme ich leider nur die letzten paar Stücke mit. Muss sagen, an meine Erwartungen kommt der Live-Auftritt irgendwie nicht so wirklich ran. Ist zwar alles ganz unterhaltsam und die Band gibt sich gut Mühe auf der Bühne, aber überzeugt mich nicht wirklich. Naja, könnte an der frühen Auftrittszeit liegen.
Das restliche Publikum zeigt sich recht angetan. Sind schon gut Leute da, die auch fleißig die Songs der Londoner abfeiern. Einige erweisen sich sogar als ziemlich textsicher! Nunja. Ich muss der Band wohl wann anders mal ne Chance geben.
Nächste Band: Emscherkurve 77. Einzige Band heute, die ich nicht unbedingt sehen muss (echt jetzt, von der Bandzusammenstellung her ist der heutige Tag wirklich stressig), also verzichte ich lieber und statte dem Chefbus (äh sorry, Knofa-Bus) nen Besuch ab. Hier bereitet man sich weniger auf den Auftritt vor, eher auf den Merchverkauf: Es soll eine Tombola geben! Jäzzi beklebt schon fleißig Knochenfabrik-Streichholzschachteln...
Nächste Band: JAYA THE CAT! Super Band. So ziemlich die einzige, die eine geile Symbiose von Punk und Reggae schafft, ohne dabei aufgesetzt, peinlich oder hippiehaft zu wirken. Vollkommen zu Unrecht immer noch ein Geheimtipp. Letztes Jahr durften sie als allerletzte Band die verbliebenden Alkoholleichen vom Platz fegen, heute wenigstens ein Auftritt bei Sonnenschein.
Nunja, zumindest fast-Sonnenschein. Wetter is durchwachsen, ab und zu regnet es, dann brutzelt wieder die Sonne. Als ob sich das Wetter nicht wirklich entscheiden kann. Gestern hat es sogar ein wenig gestürmt und den Rilrec-Pavillon abgerissen. Steht aber wieder, genau wie Maks.
Also, Jaya The Cat. Bostoner Band aus Amsterdam. Nehmen zur Zeit ein neues Album auf, das gen Ende des Jahres kommen soll. Gibt auch direkt was Neues zu hören, zumindest etwas mir Unbekanntes. Daneben aber die altbekannten Smasher. Wohl die einzige Band, die auf nem puren Punkfestival die Zuschauer dazu bringt, laut "Thank you Reggae" zu singen.
Mit dabei hat die Band auch nen total unpunkigen Keyboarder. Kommt gut. Insgesamt ein guter Auftritt, etwas mehr Geschwindigkeit hätte trotzdem gut getan. Die Lieder zig Minuten dub-mäßig in die Länge zu ziehen, unterstreicht zwar die Musikalität der Band, bremst aber auch irgendwie die Euphorie. Ich glaube, das Phänomen "Gigs in kleinen Clubs kommen besser als auf großen Bühnen" kommt noch viel deutlicher zum Tragen wenn der Beobachter nüchtern ist.
Naja, Festival halt. Tut trotzdem gut, Jaya The Cat endlich mal wieder zu sehen, und Stücke wie "Hello Hangover", "Forward", "El Camino" und zum Abschluss "Final Solution" zünden sowieso ohne Probleme. Ich lüfte mal das Mysterium um die seltsame Gitarrenhaltung von Sänger Geoff: Er benutzt keinen Gitarrengurt. Ui.
Verdammter Zeitplan! Ich sach ja, stressig heute. Und Umbaupausen von 10-15 Minuten sind zwar besser als zu kurze Spielzeiten, aber auch nicht sonderlich kundenfreundlich. Bleibt kaum Zeit für Dinge, die man sonst gerne auf nem Festival tut. Bier trinken (naja, fällt für mich eh flach), grillen, die Bois vom Rilrec-Stand nerven...egal. Keine Müdigkeit vorschützen! Als Nächstes an der Reihe: PASCOW!
Kann man einfach nicht oft genug sehen! Ich musste die Visagen ja das komplette letzte Wochenende ertragen - und ich habs tatsächlich überlebt. Heute darf ich dann endlich mal wieder vor der Bühne stehen. Yeah. Pascow sind mal wieder mitten im Tourstress. Die letzten zwei Tage in Österreich mit Wizo unterwegs, die Nacht größtenteils auf der Autobahn verbracht, und morgen spielense in Saarbrücken. Respekt!
Merkt man ihnen die Erschöpfung an? Ich glaube, ja. Aber Pascow wären nicht Pascow, wenn sie ihr Set nicht trotzdem bis zur völligen Selbstzerstörung runterkloppen würden. Alles geil! "Toulousi", "Donnerstag", "The strongest of the strange", "Raumpatrouille", "Hollywood" - es hagelt mal wieder Hits!
Publikum. Schreit ordentlich mit, wie man sieht. Und allerortens hört man die gewohnten "Saarland Asozial"-Chöre, was Alex zu der Ansage verleitet, dass Gimbweiler zwar nicht im Saarland läge (nisch wahr?), der Song "Das ist Gimbweiler nicht L.A." jetzt aber trotzdem passen würde. Okay. Zugestimmt.
Ansagen ansonsten wie gewohnt spärlich oder nur aus Textauszügen bestehend. Reicht, die zuckende Masse verlangt eh mehr nach den musikalischen Beiträgen. Außerdem muss das Set ja irgendwie untergebracht werden - klappt auch besser als erwartet.
Mal wieder ein voller Erfolg für Pascow! Nicht ihr bester Auftritt, aber immer noch meilenweit über dem, was sonstige Bands so abliefern. Ich werds einfach nicht leid, diese Band geil zu finden!
Ach, ein Foto muss noch sein, aus Publikumssicht. Heilige Regel für Festival-Fotografen: Mindestens ein Stagediver muss zu sehen sein. Anschließend wünschen uns Pascow viel Spaß mit Leatherface - mit der Anmerkung "Wenn die wüssten, wieviel wir bei denen geklaut haben..." (Dickie Hammond hat den Auftritt übrigens von der Bühne verfolgt!)
Vor Leatherface gibts aber noch 10 Minuten Umbaupause - genug für den umtriebigen ZWAKKELMANN, die zweite Bühne zu eröffnen. Vor dem Rilrec-Stand werden Verstärker und Notenständer aufgebaut, it's Zwakkelmann-Time! Ich sach ma, er war schonmal nüchterner. Aber betrunkener ebenfalls.
Zu hören gibts ein paar Titel aus seiner Schaffensphase, um ihn rum haben sich bereits diverse Fans versammelt die sich sogar als textsicherer als der Meister selbst erweisen. Stücke wie "Ja, vielleicht bin ich asozial", "Augenfick" und wie sie alle heißen. Unterhaltsam.
Naja, unter uns gesagt bin ich ja ein größerer Fan der Person Zwakkelmann selbst als seines Liedguts. In echter Rockstar-Manier schmeißt er am Schluss direkt mal ein paar Boxen um. So macht man das! Weiter so!
Dann aber flugs wieder zur "richtigen" Bühne! LEATHERFACE! Schon im Vorfeld eines der Highlights des diesjährigen Ruhrpott Rodeos. Letztes Jahr noch im schummerigen Ratinger Hof gesehen, nun also Open Air. Frankie Stubbs hat mittlerweile seinen Propheten-Bart abrasiert, ist aber immernoch eine verdammt beeindruckende Persönlichkeit.
Guter Auftritt. Das Set konzentriert sich etwas zu sehr auf den aktuellen Longplayer "The Stormy Petrel" - stört mich jetzt nicht groß, ich mag das Album. Etwas mehr Ausflüge zu älteren Scheiben wären trotzdem wünschenswert gewesen. Die Band muss sich ja eh immer an ihren Klassiker "Mush" messen lassen, von dem immerhin "Not Superstitious" und "I Want The Moon" dargeboten werden.
Publikum. Zahlenmäßig nicht mehr ganz so stark vertreten wie vorher bei Pascow, aber mindestens ebenso euphorisch, und viele davon schön textsicher - auch bei den "neuen" Stücken wie "Never Say Goodbye" oder "My Worlds End". Einige, gerade ältere Semester, zeigen sich sichtlich ergriffen, Leatherface auf der Bühne zu sehen.
Frankie Stubbs lässt sich noch zu der Aussage verleiten, dass er Festivals normalerweise nicht mag, ebenso wie Hippies. Großartig! Was er lobenswertes über das Ruhrpott Rodeo loszuwerden hatte, ging aber leider im Genuschel unter...
Auch hier gilt: Geil, die Band mal wieder zu sehen - aber geht halt nix über kleine Clubkonzerte. Egal, hat gefallen. Traditionell gibt's zum Schluss noch das Cover von "You are my sunshine", das Stubbs seiner Mama widmet. Rührend.
So, weiter im Programm! Die nächste Band besteht, wie ich aus sicherer, weil erster, Hand weiß, komplett aus Leatherface-Fans - schlägt sich das im Sound nieder? Keine Ahnung. KNOCHENFABRIK sind an der Reihe! Vor 3 Jahren gabs an selber Stelle die lang erwartete Reunion, es folgten diverse allerletzte Konzerte - und nun holt die Band ganz überraschend zum nächsten Paukenschlag aus: Ne neue Platte wurde aufgenommen!
Ja, wurde sie tatsächlich, auch wenn es anfangs doch eher wie ein Scherz anmutete. Dass sie auch wirklich zur heutigen Release-Party erscheint, damit hat aber keiner so wirklich gerechnet - tutse auch nicht. Ha. Dafür gibt es am Merchstand ne "Jedes-Los-gewinnt"-Tombola und die Möglichkeit, die Platte vorzubestellen. Ausm Presswerk kommen soll das Teil Donnerstag. Na, immerhin.
Aber bis dahin gibts ja genug eigene Kracher der Kölner Deutschpunkgröße. "Fuck Off" direkt zu Anfang wird bereits von allen fleißig mit gegrölt, und das soll sich bei den folgenden Stücken nicht ändern. Großartig!
Inzwischen ist es mal wieder ordentlich gefüllt vor der Bühne, und die berüchtigten Punkrockfinger sprießen überall aus der Punkermeute. Alles schreit fleißig mit, ob mit Iro oder ohne.
Um eine Sache kommen wir nicht drumrum: Neue Songs! Die Handeln zum Großteil vom Saufen, sind anständig kurz und klingen, als könnte man sie bald mitgrölen. Sie hören auf Titel wie "Ernährungspyramiden", "Eurovision Sauf Contest", "Es fährt kein Zug nach Nirgendwo" und weitere. Bin ehrlich gespannt auf die Platte! Entweder sie wird abartig geil oder total scheiße. Mal gucken.
Zum Eurovision-Song darf die wunderhübsche Eva den Gaststar auf der Bühne mimen und ganz kreativ "Knochenfabrik douze points" säuseln. Klingt nach nem Hit! Nächstes Jahr dann also in Aserbaidschan zu hören. Geiel! Schalalalala!
Ansonsten - jau. Band nüchtern, Publikum nicht. Band arbeitet dran. Publikum auch. Sonstige besondere Vorkommnisse? "Im Fadenkreuz" ging heute raus als "Scheiß Reunion-Bands" und hatte als Text lediglich "Knochenfabrik". Großartig! Und mein persönliches Highlight: "Willy über Wiesen" wurde gespielt!
Caddy beim Versuch, am Betrunkenheitsgrad des Publikums zu arbeiten. Zumindest von ausgewähltem Publikum. Mike scheint sein Bier bekommen zu haben...
Zum Abschluss ein Bild von hinten! Knochenfabrik-Publikum grölt sich die Seele wund. Weil 45 Minuten Auftrittszeit dann doch zu viel für 26 Lieder auf der Setlist sind, gibts heute "Toni Schumacher" in der 8-Minuten-Stadionrock-Version.
Aber das geben wir uns dann doch nicht mehr. Ulf schleppt mich zu seinem Auto, um mir und einigen weiteren Opfern seinen leckeren Marillenbrand zu servieren. Oha! Da wäre er also, mein erster Schluck Alkohol seit sechseinhalb Monaten, und als Soundtrack dazu läuft "Toni Schumacher". Nee quatsch. Erstens habe ich mir nur die Lippen benetzt und zweitens hab ich wenige Stunden zuvor an Alexejs Bier genippt. Ätsch. So, und nun bin ich gespannt auf die nächste Leber-Untersuchung...
Apropos Alexej! Seine Lieblingsband (also eine von, äh, dreien) steht nun auf der Bühne! DISTEMPER aus dem fernen Moskau servieren uns Reibeisen-Skapunk. Seit über 20 Jahren gibt es diese Institution der russischen Punkmusik schon - was umso beeindruckender ist, wenn man bedenkt, welch kurze Halbwertszeit linke Bands in Russland sonst so haben...
Ich lasse mich aber erstmal ablenken von diesem höflichen und gutaussehenden Arschloch-Tänzer, der am Rande seine ganz eigene Tanzparty zelebriert. Eine Augenweide! Ich bin hin und weg.
Naja, erstmal weg, vor die Bühne. Distemper mal wieder im uniformierten Schottenkaro-Look. Banduniformen find ich doof. Aber bei Distemper drück ich mal ein Auge zu...nunja. Flotter, tanzbarer Skapunk, und auch das Bandmaskottchen, der verrückte Hund, ist wieder als Vortänzer dabei.
Gerüchteweise ist auch eine Schar Fans aus Russland angereist. Das dürften dann wohl auch die sein, die die meiste Stimmung zelebrieren. Hier siehts ja eher etwas mau aus...haben die sich die erste Reihe nur schonmal gesichert, um gleich Wölfis Schwanz sehen zu können?
Nee, ansonsten passt dat mit der Stimmung. Getanzt wird ordentlich, mitgesungen dank Sprachbarriere eher weniger (naja, "Moskau Reggae" könnte man noch einigermaßen hinkriegen). Der Sänger präsentiert ein paar deutschsprachige Halbsätze, mit denen er uns nett begrüßt und umgarnt.
Starker Auftritt, sehr kurzweilig. Und endlich mal eine Band, die sowohl im kleinen Club als auch hier auf der großen Bühne für Stimmung sorgen kann. Naja, Skapunk und Sonnenschein ist halt immer ne gute Kombination...
Ja richtig: DIE KASSIERER. Erwähnte ich schon, dass ich nüchtern bin? Ist zwar irgendwie ganz unterhaltsam, aber eigentlich hab ich die Band schon oft genug gesehen. Also folge ich eher halbherzig dem Geschehen auf der Bühne. Welche Idioten kamen eigentlich auf die Idee, so Rauchfackeldinger aufs Gelände zu schmuggeln? Sieht weder gut aus, noch bringt es irgendwem überhaupt irgendwas.
Tjoah, Kassierer halt. Wölfi mal nackt und mal nicht, es gibt alte Songs ("Mein Glied ist zu groß") ebenso wie neue ("Im Sauerland kann man teleportieren") und sogar bei tendenziell einfachen Texten wie "Arbeit ist scheiße" braucht Wölfi ein Textblatt, was ich schon wieder irgendwie witzig finde. Insgesamt ein eigentlich unterhaltsamer Auftritt, aber ich bin definitiv zu nüchtern dafür. Sollen das doch andere abfeiern...
Wo sind denn hier die Betrunkenen? Das wäre dann wohl Ulfs Aufgabe! Der ist ja als Teilzeitkraft bei Pascow tätig. Nicht als Mercher, wie einige zu glauben scheinen, sondern als Coach. Mit der Aufgabe, die komplette Band zu Alkoholikern zu machen. Heutiges Opfer: Swen. 5 Minuten später ist Ulf übrigens verschwunden und ward nicht mehr gesehen.
Wieder aufs Gelände. Meine Lieblings-Zari treffen. Sie fiel frontal auf die Nase und sieht jetzt aus wie Stiels. Schockschwerenot!
Wie schon im vorherigen Bild zu sehen: Es wird dunkel! Und damit ist Headliner-Zeit! Los gehts heute mit den großartigen DWARVES! Muss ja gestehen, die Band jahrelang ignoriert zu haben. Kannte zwar den Namen, wusste dass sie "gut" sind, aber richtig reingehört habe ich erst, als sie fürs Rodeo bestätigt wurden. Und schwupps waren sie die Band, auf die ich mich dieses Jahr am Meisten freute!
Da bin ich nicht alleine. Jessi Herz Dwarves. (Ich könnte jetzt dieses im heutigen Online-Sprach/Schreibgebrauch inflationär verwendete Herzzeichen dahin packen. Mach ich aber nicht. Find ich doof. So.)
Die Band um Frontmann Blag Dahlia ist berühmt-berüchtigt für exzessives Auftreten, aber das war wohl mal. Heute sind es lediglich die Texte, die fast durchgehend anrüchige Themen aneinander reihen. Exemplarisch mal ein paar der gespielten Titel: "Fuck you up and get high", "The Dwarves are still the best band ever", "Fuck em all", "How It's done" und so weiter. Großartige Songs!
Gerüchteweise im Line-Up: Nick Oliveri, ehemals Queens Of The Stone Age. Aber anscheinend auf der Europa-Tour nicht dabei, also haut ein uns unbekannter Bassist in die Saiten. Und auch Originalgitarrist HeWhoCannotBeNamed scheint sich versteckt zu haben. Irgendwie schade, nicht die "kompletten" Dwarves serviert zu bekommen.
Dafür immerhin eine komplette Show ohne Ausfälle, was ja auch keine Selbstverständlichkeit ist. Hähä. Live aber durchaus eine Macht, Punkrock ziemlich auf den Punkt. Kommt im Gegensatz zu den letzten Veröffentlichungen auch mal ohne Elektro-Sampler aus, aber gerade deswegen bläst die Musik auch schön nach vorne.
Jau, soviel zu den Dwarves. Gelungener Auftritt, aber ich hätte irgendwie mehr erwartet. Naja okay, am Ende wurde ein wenig das Schlagzeug zertrümmert, ungefähr so habe ich mir den kompletten Auftritt vorgestellt. Anschließend spielen die Troopers - Phil und ich klemmen uns das, er hat nämlich noch alkoholfreies Bier im Auto. Juhu! Brettern wir uns also ordentlich einen rein für die letzte Band des Abends...
...JELLO BIAFRA AND THE GUANTANAMO SCHOOL OF MEDICINE! Und, ums mal vorweg zu nehmen: Geiler Auftritt! Nicht nur der verdiente Headliner des heutigen Tages, nee, auch insgesamt der beste Gig auf dem diesjährigen Ruhrpott Rodeo, in meinen Augen. Hatte ich ja offen gestanden vorher nur als "muss man wohl mal gesehen haben" auf der Abhak-Liste, aber die Live-Darbietung hat mich mal einfach voll überzeugt.
Jello Biafra sollte der Leserschaft bekannt sein als Sänger der Dead Kennedys, als umtriebiger Musiker und Aktivist, als Bürgermeister- und Präsidentschaftskandidat, als Spoken-Word-Artist und vieles mehr. Sein aktuelles Betätigungsfeld ist die Guantanamo School of Medicine - so der Name seiner aktuellen Band.
Mit der gabs 2009 das Album "The Audacity of Hype" und in diesem Jahr erschien die EP "Enhanced Methods Of Questioning" - die kenn ich noch nicht, ein paar neue Songs wurden aber gespielt, wie "The Cells That Will Not Die". Dazu aber auch einige vom ersten Album wie "The Terror Of Tinytown" oder "Electronic Plantation".
Aber nicht (nur) die Lieder machen die Show aus, Hauptaugenmerk ist einfach Jello Biafra selbst. Der Typ hat ein Ausstrahlung, der man sich einfach nicht entziehen kann. Wenn er auf Missstände aufmerksam macht, glaubt man ihm. Wenn er redet, hört man hin. Und wenn er sich bewegt, verfolgt man sowieso all seine Bewegungen. Songs werden mit konstanter Mimik und Gestik hinterlegt, jede Grimasse ist aufs Genaueste ausgefeilt, jedes Fingerschnippsen sitzt. Wow.
Das wirkt nichtmal irgendwie aufgesetzt oder übertrieben, und das ist die eigentliche Überraschung. Jello Biafra bleibt durchweg Sympath auf der Bühne, die er beherrscht wie kein Zweiter. Da verzeiht man sogar, dass ganz Rockstar-mäßig sein persönlicher Backliner ständig hinter ihm her wuselt, um beispielsweise schnell den Boden zu wischen...
Mindestens ebenso beeindruckt von der Performance Jello Biafras: Schlaffke! Großartig, wie er mit freudig erregtem Gesicht im Sicherheitsgraben steht. Mit Mühe und Not (und Geduld) kann ihn die Security davon abhalten, auf die Bühne zu klettern. Schade, hätte ich ja nun wirklich gerne gesehen - auch wenn es wahrscheinlich den Auftritt zerstört hätte.
Die eigentlichen Highlights des Auftrittes stellen selbstverständlich die Songs der Dead Kennedys dar, die aus tausenden Kehlen begeistert mitgebrüllt werden. Ums kurz zu machen: Gespielt wurden "California uber alles", "Let's lynch the Landlord", "Too drunk to fuck" und "Holiday in Cambodia"...noch was?
Ein ums andere Mal sucht Jello dabei die Nähe zum Publikum, schmeißt sich in die Massen und wird irgendwann in einem tiefen Kuddelmuddel vergraben. Wahnsinn, was so ein Mikrofonkabel alles aushalten kann! Die Meute frisst ihm begeistert aus der Hand...
Echt jetzt, eine unglaubliche Präsenz hat der Mann. Kein abgehalfterter Spät-Rocker der es auf seine alten Tage nochmal wissen will, sondern jemand der sein Ding gewissenhaft durchzieht, so zumindest mein Eindruck - sofern man sich diesen aus einem einstündigen Konzert bilden kann.
Nee, definitiv das Highlight des Wochenendes. Und das, obwohl ich nie ein großer Bewunderer der Dead Kennedys geschweige denn seiner Person war, aber ab heute bin ich das dann wohl. Jello Biafra & The Guantanamo School Of Medicine sind noch ein paar Tage auf Tour (u.a. mit Slime), wer es verpasst, äh, der verpasst was!
So, ein Jello-in-der-Masse-Bild noch. Anschließend wird ein wenig rumgelungert. Bönx ruft an aus dem Krankenhaus in Hintertukelsdorf, ob ich ihn und Frau Wolfram nicht dort abholen könne. Sie hat sich die Lippe blutig geschlagen. Autschi! Nunja, das sind dann wohl Festivalerlebnisse auf die man verzichten kann...naja, abholen kann sie das Taxi, ich leg mich pennen...bis morgen!