Ruhrpott Rodeo 2011 Tag 2: The Adicts, The Damned, Razzia, Lokalmatadore, Misfits, Rasta Knast, Modern Pets, Alarmsignal, Rasender Stillstand, 12.06.2011 in Hünxe, Flugplatz Schwarze Heide - Bericht von Fö
Ruhrpott Rodeo 2011 Tag 2, 12.06.2011 in Hünxe
Jau. Aufstehen, Frühstücken. Der Grill is an und mein Vorrat an alkfreien Bier sogar noch einigermaßen gekühlt. Ich weihe meine neue Knochenfabrik-Grillschürze und die Knochenfabrik-Grillzange ein, die es gestern bei der Knochenfabrik-Tombola zu gewinnen gab. Als Hauptgewinn selbstverständlich! Das Fleisch schmeckt auch gleich doppelt gut. Oder dreifach.
Bei den Trierern ist auch schon Halligalli angesagt - sie haben Besuch von "Dayman", ein selbsternannter Superheld mit eigener Superhelden-Hymne und einem extrem breiten Grinsen als Geheimwaffe. Feiern alle total ab. Gähn.
Irgendwann eisen sich dann doch mal ein paar Leute los, wir checken mal die erste Band aus. Dick angekündigt als "tba." - hab irgendwann aufgehört zu zählen wie viele Leute ausgerechnet mich fragten, wer denn tba ist. Aber zufälligerweise wusste ich sogar die Antwort: "RASENDER STILLSTAND"
Vor ein paar Monaten im Wageni gesehen. Mein damaliger Bericht hat eine tiefe Sinneskrise in der Band ausgelöst, weil ich sie als "düster" bezeichnete. Harhar. Ja, was so einfache Worte alles bewirken können...nunja, achte ich heute also mal besonders darauf, ob die Band auch wirklich düster ist. Bei Sonnenschein betrachtet nicht ganz so.
Bekomme aber eh nur noch die letzten 2 Lieder mit, also halte ich mich mit meiner Meinung mal zurück. Experimenteller Punkrock mit 80er Färbung, lautet mein heutiges Urteil. Ganz nett so als Opener.
Obwohl es die erste Band und "tba." ist, haben sich sogar schon so einige Gestalten auf dem Festivalgelände eingefunden. Warum auch nicht. Das Wetter heute ist auch schon deutlich besser als gestern, die Sonne brutzelt unerbärmlich und der blaue Himmel lässt endlich mal den Sommer nach Hünxe.
Mal gucken was sonst so geht. Am Chefbus wird soeben das Frühstück eingeleitet. Selbstverständlich, wie es sich gehört, nur mit Knochenfabrik-Grillzange!
Nächste Band: "Antirockstars". Die überflüssigste Band des ganzen Festivals. Es handelt sich nämlich um BETONTOD, nur halt unter anderem Namen (uuhhh!). Waren bisher bei jedem Ruhrpott Rodeo dabei und wurden von Mal zu Mal unterträglicher. Bitte beim nächsten Mal NICHT mehr einladen!
Auch die nächste Band kann mich nicht wirklich vor die Bühne locken. LEFT FOR DEAD kommen aus UK, machen ganz netten Rock'N'Roll-beeinflussten Punkrock, aber Bock hab ich da nicht wirklich drauf. Sympathisch werden sie mir erst, als Martin von Rasta Knast später erzählt, man solle ihre CD's kaufen da sie ihr gesamtes Spritgeld für die Rückfahrt versoffen hätten...
Also erstmal das tun, wozu wir eigentlich hier sind: nix! Doof Rumsitzen, Stehen, Trinken, Essen. Klappt. Was is das Leben doch einfach...derweil klaut Ulf meine Kamera und will damit wild rumknipsen, bis die Speicherkarte voll ist. Ich glaub so 20 Fotos hat er geschafft...na immerhin
Als Nächstes auf der Bühne: ALARMSIGNAL! Mit dem gleichnamigen Song beginnt dann auch der Auftritt - wie eigentlich zu erwarten. Eine der besseren Deutschpunk-Bands unserer Tage, auch wenn ich mir sowas zu Hause eher selten gebe. Politische Texte, gut nach vorne geknüppelt, mehrstimmige und mitsingtaugliche Refrains.
Und natürlich ordentlich viele einprägsame Parolen für das Punkerpublikum. In einem Lied ging es darum, den Mittelfinger zu strecken. Und darum, den Refrain gefühlte 30 Mal zu wiederholen. Das hat ja schon fast Stadionrock-Qualitäten!
An der Ersatz-Gitarre übrigens Martin K. von Rasta Knast. Kleine Aushilfsjobs erhalten die Freundschaft. Überhaupt erinnern Alarmsignal ein wenig an Rasta Knast, vor Allem dadurch dass der Gesang ganz gerne mal aufgeteilt wird...fehlen nur die großartigen Melodien. Alarmsignal bleiben da eher beim klassischen Deutschpunk, aber den können sie.
Gelände. Sofort ins Auge sticht natürlich der Rilrec-Stand, den wir direkt zu unserem Treffpunkt erküren, das hat sich ja schließlich in den letzten Jahren schon bewährt. Ihre Tombola habense auch wieder dabei. Irgendwie schieb ichs immer vor mir her, teilzunehmen - und als ich abends dann schließlich mein Münzgeld zusammenkrame, wird der Stand gerade abgebaut. Mensch.
Derweil auf der Bühne: MODERN PETS! Letztens erst in Schwerte gesehen. 77er Punk-Rock'n'Roll-Garage-Krams. Musik, mit der ich nur bedingt was anfangen kann - ist zwar ganz nett und spielen können die Jungs auch, aber mir gibt das nicht viel. Aber wer auf so ne Musik steht, dürfte an der Band derzeit wohl nicht vorbeikommen...
Der Boden sieht schon aus, als hätte man hier Plastikbecher gestreut. Vielleicht wächst dann im nächsten Jahr tatsächlich ne Plastikbecher-Palme hier? Nunja. Aber das Beet scheint bequem zu sein. Wie würde das wohl auf ner "seriösen" Veranstaltung ablaufen, wenn da wer so leblos da liegt? Notarzt? Massenpanik? Hier läufts ganz einfach ab: Typ kommt, tippt den Reglosen an, dieser steht auf. Fertig.
Ach, wo wir grad bei reglosen Personen sind! Eva wurde heute Nacht schon in Amsterdam vermutet, hat den Weg zurück zum Festival aber blendend gefunden. Erstmal ausruhen, wa?
Und wieder zur Bühne! RASTA KNAST sind an der Reihe. Super Band, kann man nicht oft genug sagen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bands auf diesem Festival funktioniert die Musik von Rasta Knast auch auf ner großen Bühne - solang sie brav ihre Hymnen schmettern und die Meute begeistert mitsingt. Könnte aber trotzdem mehr los sein vor der Bühne...
Naja, irgendwie hat man auch immer wieder das Gefühl, dass aus der Band ein wenig die Luft raus ist. Ständig Besetzungswechsel, lange keine "richtige" Platte mehr rausgebracht - schade. Dabei ist die aktuelle Besetzung mittlerweile schon ziemlich fest und mit "Trug" gibts auch nen neuen Song zu hören.
Und wirklich wenig ist vor der Bühne ja nun auch nicht los, die Anwesenden pogen fleißig und brüllen Songs wie "Spiegelbild", "Das Ende der Welt" oder "Blut, Tod und Tränen" aus dem Effeff mit. Selbst das Schleimkeim-Cover "Spitzel" sorgt für viele glückliche Gesichter...sofern man das beurteilen kann, viele davon verbergen sich unter Halstüchern. Hm, auf Krawalle aus? Nee, is einfach staubig hier...
Am Gesang wird sich wie üblich abgewechselt, harmoniert alles prima. Einfach ne gute Band. Und guter Auftritt. Hätte zu späterer Stunde wahrscheinlich noch mehr Bock gemacht, aber wat willste machen. Zum Abschluss gibts das vielfach geforderte "Katze beißt in Draht" und das wars dann auch mit dieser Rasta Knast.
Anschließend? Es spielen nun The Movement - letzte Woche erst gesehen. Dann die Dödelhaie - eigentlich ne gute Band, aber keine, die man zu oft sehen sollte: irgendwann hat man die Ansagen einfach über. Also lieber zurück zum Parkplatz (Zeltplatz ist uns zum Rumasseln zu assig), Bierchen trinken (in meinem Fall natürlich alkfreies) und über die Welt schwadronieren. Immer mal unterbrochen durch ein herzhaftes "Ihr Penner" aus Bargs Kehle. Hach. Normale Leute.
THE DAMNED haben bereits begonnen, als wir das Areal betreten. So ne Band mit Legendenstatus, aber irgendwie vor meiner Zeit, also kann ich da nix mit anfangen. Dachte ich zumindest. Spielten dann aber doch erstaunlich viele Lieder, die ich kannte, wie das phänomenale "Wait for the Blackout".
Wurden mir noch von Rookie-Records-Jürgen wärmstens ans Herz gelegt gestern. Na denn, der Mann muss es wissen! Ja, so wirklich passen will die Band aufs Punkfestival nicht, die Klänge gehen schon stark in Richtung New Wave bis Pop, aber den Bandmitgliedern merkt man ihre Erfahrung an.
Großartiger Typ: Der Keyboarder! Singt alles mit, egal ob mit Mikro oder ohne, tanzt und hüpft fleißig über die Bühne und wedelt dabei fleißig mit seinen Wuschelhaaren. Sobald die Musik etwas zu eintönig wird, muss man nur auf den Keyboarder gucken, und schon folgt man wieder gebannt dem Geschehen auf der Bühne.
Liebling der Massen ist aber er hier: Captain Sensible, gefeiertes 80er-Jahre-Pop-Idol (ich verweise mal auf den Song WOT), dem aber die Solokarriere nicht reichte, weswegen er wieder mit The Damned anfing. Scheint ein netter Typ zu sein, der entgegen aller Rockstar-Prinzipien sogar vorm Auftritt übers Geländer schlendert und sich die anderen Bands anschaut.
Dass er dabei ausgerechnet seinen größten Fan Bunten fragt, wer denn die gerade spielende Band sei, sorgt für eine weitere spannende Anekdote: Bunten, sonst nicht um Worte verlegen, bekommt nichts weiter als ein gestammeltes "...Captain?" heraus. Geil!
Jau, gefiel tatsächlich der Auftritt. Und mit Liedern wie "Neat neat neat", "New Rose" oder am Ende "Lovesong" gab es auch genug Songs, die ich kannte. Ein absolutes Highlight wars nun nicht, aber das hab ich ja auch nicht erwartet...
Erwarte ich von der nächsten Band auch nicht, aber einen Blick muss man ja mal riskieren: RAZZIA! Erster Auftritt seit 16 Jahren in Originalbesetzung. Zwischendurch gabs noch ein paar Reunion-Versuche und sogar neue Aufnahmen einer ganz anderen Band, aber dat hier is dann wohl das Original, mit dem alten Sänger Rajas Thiele.
Mal wieder ne Band, die ihre großen Erfolge vor meiner Zeit hatte. In den 80ern gabs wohl kaum ne vergleichbare Band, die so geschickt Deutschpunk und New Wave mit einem Schuss Melancholie und Wut versetzte, dass sie zig nachfolgende Bands beeinflusste. Aber wie dat so ist bei Bands vor meiner Zeit: Habe ich mich nie wirklich viel mit befasst.
Ob das noch wirklich ehrlicher Punk ist, lautet dann wohl die große Frage über den Köpfen der heute versammelten Razzia-Fans. Naja, das können die wohl auch am besten beurteilen, sag ich nichts zu.
Rajas Thiele wirkt engagiert, ackert fleißig über die Bühne und freut sich sichtlich, mal wieder vor großem Publikum auftreten zu können.
Er bedankt sich auch bei Veranstalter Alex, der die Band im letzten Jahr darauf ansprach, ob sie nicht hier spielen wollen. Ein weiterer Dank geht raus an Indie-Songwriter Olli Schulz, der mit seiner Razzia-Cover-EP wohl den Ausschlag dafür gab, dass die Band sich wieder in den Proberaum wagte.
Sind dann auch die Songs dieser EP, die mir vom Auftritt in Erinnerung geblieben sind. "Als Haus wärst du ne Hütte", "Kaiserwetter" und am Schluss natürlich der, wie sagt man, "größte Hit" der Band: "Nacht im Ghetto". Netter Auftritt, die Stimmen der Fans schwanken zwischen begeistert, enttäuscht und gelangweilt. Naja, immerhin. Schaunwa mal obs der einzige Reunion-Auftritt der Band bleibt...
Nächste Band: THE ADICTS! Schon wieder aus dieser Kategorie "vor meiner Zeit". Wobei, eigentlich waren sie immer konstant dabei und tingeln noch regelmäßig durch die Clubs. Seit 30 Jahren ohne Besetzungswechsel, erzählt man sich. Über die Liveauftritte habe ich ja nur Gutes gehört, da bin ich mal gespannt...
Ja...doch. Ein Bild exemplarisch für diesen lebhaft-bunten Auftritt. Der Sänger als Clown geschminkt, im Zirkusoutfit schmeißt er Karten ins Publikum oder spielt mit bunten Seilen und Girlanden. Ein Konfettiregen jagt den nächsten. Großartige Show!
Kenne ja eigentlich keinen Song der Band, aber der Auftritt ist trotzdem unterhaltsam von Anfang bis Ende. Bekannte Töne gibt's zwischendurch auch noch zu hören - als Opener Beethovens Neunte, danach "Singing in the rain" und später das vom Publikum enthusiastisch mitgesungene "You'll never walk alone" - langweilig wird einem da nicht.
Eigene Stücke der Band gibts natürlich auch jede Menge, aber die kenne ich nicht. Tja. Klangen aber, als wären sie es wirklich wert, sich mal mit ihnen zu befassen. Mehr als kurzweilige Show, ich bin fast schon überrascht wie schnell der Auftritt rumgeht. Alles total bunt und lebhaft, immer was zum Gucken - eigentlich viel zu aufwändig, für ein Punkfestival.
Nee, kommt gut. Wohl nach Jello Biafra am gestrigen Tag mein Highlight des diesjährigen Ruhrpott Rodeos. Hätte ja nicht erwartet dass so alte Säcke mich so begeistern können. Immer noch besser als die x-te Reunion-Band...
Die Zuschauer sind auch mehr als begeistert, singen fleißig mit und machen vor allem eines: Feiern! Für diese Uhrzeit und den letzten Festivaltag ja keine Selbstverständlichkeit. The Adicts holen noch weitere Gimmicks aus ihrer Showkiste: riesige Bälle. Wurde da etwa jemand von Sat1 gesponsort?
Ein Schlagzeugerfoto. Weil die ja in den Berichten gerne mal zu kurz kommen. Am unteren Bildrand kann man die Wundertütchen erahnen, aus denen der Sänger immer mal neues Konfetti, irgendwelche Girlanden oder kleine Bällchen raus holt. Dachte ja, mich würde hier eher kompletter Clockwork-Orange-Stil erwarten, aber das ist wirklich eher ne Zirkusshow.
Dazu ein paar Verkleidungen (hier als Elvis). Ziemlich cool finde ich, dass die bestimmt aufwändig erstellten Bühnenaccessoires auch gerne mal ins Publikum geschmissen werden, dann haben die Fans da auch noch was von. Bei anderen Bands hätte man ja eher erwartet, dass direkt die Security hinterher hechtet. Geile Band!
So, kleiner Kulturschock. Jetzt mal ne hiesige Punklegende! Die Lokalmatadore haben ein fast-Heimspiel. Nunja, wie schon gestern bei den Kassierern bin ich nur bedingt begeistert, man hat sie halt einfach oft genug gesehen, und so komplett nüchtern ist mir das etwas zu viel des Guten. Wie hält Fisch das nur aus?
Gibt die üblichen Songs zu hören, die auf nem Lokale-Konzert nicht fehlen dürfen, auch ein paar neue Sachen wie "VfB Speldorf" oder "Arsch voll Kot", die begeistert abgefeiert werden. Und natürlich genug ältere, keinen Bock die hier aufzuzählen. Aber "Anne Wand" war dabei. Guter Song, sogar nüchtern.
Nicht wahr? Am Schluss selbstverständlich "Viva Lokalmatador" und "Pillemann Fotze Arsch", zu dem begeistert im Publikum ne BVB-Fahne (und natürlich son Leuchtfeuerscheiß, gähn) geschwenkt wurde. Muaha. Naja. Eigentlich ein guter Auftritt, kam ich aber grad nicht drauf klar.
das Letzte: Die MISFITS. Fand die früher, auch mit Jerry Only am Gesang, ja noch ganz geil. Aber irgendwann is der Witz einfach raus und der Auftritt ist eh ne Frechheit. Die Lieder klingen alle gleich und werden einfach so hintereinander weg geschmettert, so dass selbst wenn man die Songs kennt da nicht wirklich viel Freude aufkommen kann.
Gefiel mir trotzdem besser als der Auftritt beim Devilside vor 2 Jahren und wer weiß, vielleicht zündet das auf nem Clubkonzert auch mehr. Aber hier klappt das einfach nicht, noch dazu nimmt sich Jerry Only einfach viel wichtiger als er eigentlich ist. Okay, er ist Bassist bei den Misfits. Aber nunmal auch Sänger einer Coverband...
Wir schauen uns dann auch nicht den kompletten Auftritt an - da eh alles gleich klingt, reichen ein paar Minuten. Aber dabei waren immerhin recht starke Songs: "Attitude", "Astro Zombies", "Skulls", "20 Eyes"...angeblich ist ja ein neues Album in der Mache. Ich bin gespannt.
Wir verlassen das Gelände, als das Black-Flag-Cover "Six Pack" gespielt wird. Eigentlich ein Auftritt wie erwartet, also kann ich nichtmal sagen dass er schlecht war. Aber halt einfach unnötig. Nicht so unnötig wie Betontod, aber fast...
So, fertig. Ruhrpott Rodeo fertig, ich fertig, Bericht fertig. Dieses Jahr gibts erstaunlich wenig abseits der Konzerte zu berichten (liegt an meinem mangelnden Alkoholpegel), aber das wird nachgeholt. Das Rodeo bleibt trotzdem das geilste Festival seiner Art. Sag ich mal so. Damit könnte ich diesen Bericht auch beenden.