With Full Force Festival 2011 Tag 1: Millencolin, Agnostic Front, The Casualties, Insidious Disease, Watain, Title Fight, Disbelief, 01.07.2011 in Löbnitz, Flugplatz Roitzschjora - Bericht von Fö
With Full Force Festival 2011 Tag 1, 01.07.2011 in Löbnitz
Dieses Jahr heißt es zum ersten Mal With Full Force, zumindest für mich. Eigentlich ist es ja schon das 18. In den letzten Jahren fast durchweg mit geilen Bands gesegnet und hat mich immer gereizt, nur zeitlich wollte das nicht so hin hauen - bis jetzt. Nur noch hinkommen. Kurzfristig schließe ich mich der Truppe um Roland an und so geht's am Donnerstag Morgen mit 3 Karren in den Osten.
Naja, mit kleinem Umweg über Düsseldorf - Brutus' Generator muss noch eingepackt werden. Und wird erstmal vor Ort einem kleinen Betriebstest unterzogen. Klappt sogar irgendwann, nach dem Umlegen diverser Schalter.
Die nächste Verzögerung wartet auf unsere Reisegruppe erst kurz vorm Gelände: Der übliche Festivalstau. Zieht sich ein wenig, reicht aber um unser Glasflaschenbier noch schnell zu leeren. Auf das Gelände darf man mit Auto, und das System Straße-Parken-Zelten funktioniert überraschend gut. Nicht ganz so toll: Man bekommt nen Zeltplatz zugewiesen, heißt also gemeinsame Anreise für größere Gruppen.
Oder? Kleine eigenhändige Korrekturen am System sind dann doch kein Problem, und so wird ein wenig Gruppenerweiterung betrieben, während der Grill heiß, die Kühltruhe kalt und die Musik laut läuft.
Übrigens mein zweites Festival ohne Alkohol. Sogar ganz ohne Bier, da ich alkfreies Bier aus Dosen oder Plastikpullen partout nicht auftreiben konnte. Gibts wohl bei Penny, soll aber wie Scheiße schmecken. Also Wasser trinken. Juhu. Klappt überraschend gut, während sich um mich herum alle rapide ins wandelnde Delirium trinken.
Sodele, nächster morgen. Der Freitag und eigentlicher Beginn des Festivals. Der Grill ist an, die Sonne scheint, alle sind guter Dinge und mittlerweile haben wir uns alle gegenseitig versichert, dass wir hier eine verdammt gute Truppe zusammen gewürfelt haben. Aus den Boxen dröhnt wiederholt "Happy Hour" von den Housemartins - für unsere Säufer das willkommene Zeichen, den Schnaps rumgehen zu lassen
Wittek, vermutlich eingepennt beim Versuch, die rettende CD ohne "Happy Hour" in die Anlage zu schieben. Großartig!
Ah, hier steht er aber wieder...Auf zur Bühne. Mit den üblichen Vom-Zeltplatz-zur-Bühne-Verspätungen schaffen wir es sogar fast zur ersten Band.
Genauer gesagt, wir kriegen noch die letzten Minuten der zweiten Band mit. Harhar. TITLE FIGHT spielen. Solider Postpunk à la Hot Water Music, eine eher untypische Band für dieses Festival. Trotzdem mit mehr Hardcore im Herzen als der Headliner des heutigen Tages, sag ich mal so.
Grundsolide, mehr lässt sich zu diesem Auftritt von meiner Seite aus nicht sagen, dazu wars einfach zu kurz. Die seit etwa 7 Jahren bestehende Band hat kürzlich ihr erstes Album "Shed" veröffentlicht (Rezi hier) und ihr Bekanntheitsgrad dürfte sich vermutlich bei den nächsten Touren noch etwas steigern...
Anschließend: Wechseln zur Hauptbühne. Wir stolpern über diverse schwarz gekleidete Gestalten, andere Farben lässt die Kleiderordnung bei Metal/Hardcore-Events ja eh nicht zu. Da ist man ja direkt froh über ein paar bunte Farbsprenkler, wenn auch nur bei der Kopfbedeckung. Oder war das nur ne originelle Idee, volle Dosen an der Security vorbei zu schmuggeln?
Hauptbühne. Hier spielen gerade die Thrasher von EVILE. Ordentliches Geknüppel und Riffs auf voller Geschwindigkeit. Besonders angetan bin ich von der roten Gitarre, habe aber keinen Bock für ein ordentliches Foto weiter nach vorne zu stürmen. Ansonsten ne ganz gute Möglichkeit für die Metaller auf dem Festival, ihren Kopf ein wenig durchblasen zu lassen
Da ich die Band bisher eh nur vom Namen kannte, muss ich mich wohl auch auf die Meinung besagter Metalköppe verlassen: Die waren äußerst angetan vom Auftritt. Ich werf mal die Laienbeschreibung "klingt nach Slayer und frühen Metallica" in den Raum und glaube, allzu weit daneben liege ich da nicht.
Oh, schwarz war alle. Ganzkörperkostüme sind im Trend, glaube ich - zumindest wartete auch Knorkator-Stumpen am nächsten Tag mit einer solchen Verkleidung auf. Ihm hier gelang das Kunststück, sogar durch seine Verkleidung zu trinken.
Nochmal crazy Typen: Wrestler. Stellenweise fühlt man sich hier wirklich eher auf ner Kirmes als auf nem Festival für die Härtesten der Härtesten. Egal, ich finds witzig.
Kirmes. Kollege hat übrigens Urlaub und besucht nach dem Ballermann jetzt mal als Kontrast ein Event, auf dem normale Leute rumlaufen.
Ein Blick von oben aufs Gelände, irgendwo da ganz hinten kann man unser Zeltlager entdecken (ja, ehrlich). Rechts sieht man die Zeltbühne (Es spielen die Krawallbrüder. Interessiert mich nen Scheißdreck). Oben brauen sich mal wieder ein paar dunkle Wolken zusamen...
Wieder zur Hauptbühne, mal gucken was uns da erwartet - DEADLOCK sind jetzt an der Reihe. Death-Metal-Core mit Sänger und Sängerin. Nicht wirklich überzeugend, der Kollege attestiert ihr Schülerband-Charme.
Wie Death Metal in gut geht, zeigen anschließend die Veteranen von DISBELIEF. Melodisch und teilweise düster zeigt sich der Sound der hessischen Band. Mit viel Glück sieht man auch mal das Gesicht vom Frontmann, das sich sonst fast schon durchweg unter seinen Haaren versteckt.
Sowieso eine haarige Band. Der Bassist trägt heute den klassischen Metal-Afro. Jau, guter Auftritt und nach Title Fight das erste eigentliche Highlight auf dem With Full Force. Wenn auch nicht wirklich meine Musik, aber immer noch besser als die x-te Metalcore-Sensation.
Massig Publikum hat sich mittlerweile auch eingefunden und bevölkert den Platz vor der Hauptbühne. Gut 25.000 Leute sollen dieses Jahr auf dem With Full Force gewesen sein - kam mir aufgrund der Zeltplatzgröße etwas mehr vor, aber vor den Bühnen sind die Massen durchaus auszuhalten.
Jau, Daumen hoch für diesen Auftritt. Mir zumindest gab es ne willkommene Metal-Portion. Und am heutigen Freitag muss ich eh ziemlich suchen nach Bands, die mein Interesse wecken - so geil die Bandauswahl in den nächsten beiden Tagen ist, heute reizt mich doch eher wenig...
...aber gut, einfach treiben lassen. Im Zelt spielen mittlerweile PROTEST THE HERO. Den Namen schon mal irgendwo gehört, die Bandbeschreibung im Programmheft klang auch ganz interessant - also geben wir ihnen mal ne Chance. Hm, frickeliger Metalcore. Fähige Musiker, aber der Sound zündet bei mir nicht wirklich - wir hauen nach einem Song wieder ab. Überlassen wir das Zelt lieber den wirklichen Fans.
Anschließend ein wenig die Beine ausruhen und zurück zum Zelt latschen. Bier trinken soll ja auf nem Festival nicht zu kurz kommen, auch wenn mein Wasser irgendwie, äh, wässrig schmeckt. Bestes Mittel auf nem Festival, um der durch Nüchternheit aufkommenden Langeweile zu entfliehen, ist ja eh Bands gucken - also gehts etwas später wieder zurück zum Gelände.
Offiziell natürlich, um uns "Bring me the Horizon" anzuschauen. Die Bandbeschreibung im Programmheft sprach uns direkt an, die drehte sich nämlich hauptsächlich um das Modelabel des Sängers. Da dürfen wir als Vorzeige-Stylos natürlich nicht fehlen!
So ganz aus Versehen finden wir uns dann aber doch vor der anderen Bühne wieder, wo uns ein Style erwartet, der auf diesem Festival eh etwas zu kurz kommt: Punk! THE CASUALTIES knüppeln ihren rotzigen Hardcore-Streetpunk galant runter. Ordentliche Singalong-Parts und immerhin ein ordentlicher Iro-Schnitt auf der Bühne.
Gefällt mir sogar außerordentlich gut! Hätte jetzt nur gerne ein Bier in der Hand. Aber in die Bierdusch-Zone vor der Bühne trau ich mich dann doch nicht wirklich. Das Zelt ist ordentlich gefüllt und die Meute feiert gut - keine Selbstverständlichkeit bei einer Punkband auf diesem Festival. Aber die Band gibt's ja mittlerweile lange genug, um eine ordentliche Fanschar vorweisen zu können.
Die Band selbst wirkt eher ein wenig zurückhaltend, spielen ihr Set eher lieblos runter - klassischer Festival-Auftritt, würde ich mal sagen. Aber solange mir der Auftritt trotzdem Spaß macht, ist mir das egal. For the Punx!
Anschließend ist sowohl auf der großen als auch auf der Zeltbühne Pause. Warum die Veranstalter so etwas machen, ist mir schleierhaft - aber erstens braucht ja jeder mal ne Auszeit und zweitens dauert die Stille nur 15 Minuten. Zeit, nebenan auf der Halfpipe ein wenig den Skatern zu zu schauen. Spielt ja schließlich gleich ne Skater-Band!
Nämlich die Schweden von MILLENCOLIN! Die konnten mich zuletzt auf Festivals eher mäßig begeistern, großer Fan der Band war ich ja eh nie und die Zeit, als sie geile Platten rausgebracht haben, ist mittlerweile auch schon ein Jahrzehnt her.
Na, da trifft es sich ja super, dass Millencolin derzeit auf Tour zum 10-jährigen Jubiläum des Albums "Pennybridge Pioneers" sind! Ist zwar nicht ihr bestes Album, aber zumindest das letzte mit dem "alten" Stil der Band zwischen verspieltem Skatepunk und melodischem Poppunk. Live macht das ordentlich Laune!
Konzept dieser Tour ist, Überraschung, das Album "Pennybridge Pioneers", das in seiner kompletten Länge gespielt wird. Ich mag solche Aktionen, ein wunderbares Geschenk an die Fans, die das Album damals eh durchgehend auf Repeat gehört haben. Eher schlecht für solche, die auf Shuffle hören. Oder ausgerechnet diese Platte nicht besitzen.
Das scheinen hier aber die wenigsten zu sein. Ordentlich Stimmung in den Reihen vor der Bühne, schön textsicheres Publikum - und sie wissen sogar, was ein Circle Pit ist. Man fühlt sich ein Stückweit in seine Jugend versetzt - auch wenn in der meinigen Millencolin kein zentraler Bestandteil war, sind sie doch ein wichtiger Einfluss.
Müßig, hier aufzuzählen, welche Lieder gespielt wurden - schaut auf die Tracklist der Platte. Habe die seit etwa 10 Jahren nicht mehr bewusst gehört, bin aber tatsächlich überrascht, wie gut die Songs bei mir zünden. Super Auftritt, bin ehrlich angetan! Highlight für heute - bis jetzt...
Achja: Ob nach dem regulären Set noch Stücke von anderen Platten gespielt wurden, kann ich nicht berichten. Der Blick auf die Setlist verriet mir aber, dass "Black Eye" noch auf dem Programm stand. Das kriegen wir aber nicht mehr mit, bis um Ende schauen wir uns die Jungs dann doch nicht an...
...um nämlich noch was von den parallel auf der Hauptbühne spielenden AGNOSTIC FRONT mitzukriegen. Die NYHC-Legende um Roger Miret und Vinnie Stigma ist ja schließlich ein ordentliches Brett und es mehren sich die Stimmen, dass die Band in den letzten Jahren ordentlich an die Live-Qualitäten vergangener Zeiten anknüpfen konnte.
Ich persönlich konnte ja nie wirklich viel mit New York Hardcore anfangen (oder Bandana-Hardcore, wie hier wieder schön zu sehen) - mir einfach zu Bollo-mäßig. Dass man an Agnostic Front nicht vorbei kommt, sollte aber klar sein, und dementsprechend viel Getümmel ist vor der Bühne.
Natürlich gibt's riesige Moshpits, Circle Pits und was so dazu gehört. Crowdsurfing wird ebenfalls groß geschrieben. Als Roger Miret uns fragt, wer denn alles wisse, was "Planking" sei, ist auch direkt klar, was gleich geschieht - er lässt sich tatsächlich mehr oder weniger regungslos über die Massen tragen. Witzisch. Foto in gut hier
Anschließend folgt, als hätt ichs geahnt, der größte "Hit" der Band: "Gotta Go" entwickelt, mitgesungen aus tausenden Kehlen, ganz eigene Dimensionen irgendwo zwischen Gänsehaut und geballten Fäusten. Guter Auftritt von Agnostic Front, zumindest gemessen an den letzten 20 Minuten die wir uns noch gegeben haben.
Erstmal zum Zelt zurück. Bier trinken ist ja schließlich wichtig, und Bullet For My Valentine will nicht wirklich jemand sehen - geschweige denn verstehen, wie sie an ihren Headliner-Status gelangt sind. Mental bereiten wir uns auf die legendäre "Knüppelnacht" vor, die uns ab 0 Uhr durchgehendes Geknüppel im Zelt verspricht. Geil!
Die Vorbereitung artet soweit aus, dass wir fast vergessen, los zu gehen. Und so spielen INSIDIOUS DISEASE bereits, als wir uns auf der Knüppelnacht einfinden. Kennt ihr nicht, die Band? Macht nichts, solltet ihr aber nachholen! Könnte man wohl als Metal-Allstar-Band bezeichnen. Um Ex-Morgoth-Sänger Marc Grewe tummeln sich Leute von Dimmu Borgir, Napalm Death und weiteren.
Da ist es wohl gerade noch verzeihbar, dass der volle Schülerbandbonus ausgenutzt wird und die einzelnen Bandmitglieder vorgestellt werden (und mit ordentlich Applaus bedacht werden). Die Musik kann ordentlich was, bei den Vitae der Musikanten wohl kein Wunder. Death-Black-Gefizzel mit fiesen Riffs und überraschend melodischen Strukturen.
Kann wirklich überzeugen und tut es auch, zumindest zeigen sich die Leute vor der Bühne ziemlich begeistert. Kann sogar mich überzeugen, wo ich mich mit solcher Musik doch meistens eher schwer tue. Geht aber wunderbar geradlinig nach vorne, die Band hat heute mit Sicherheit einige neue Fans gewonnen.
Weiter geht die Knüppelnacht. Kollege muss mich geradezu dazu drängen, mir WATAIN anzuschauen. So richtig böser Black Metal, wobei wir uns zu Beginn fragen, ob die Band nicht auch langsam müde wird. Die Crew trägt beim Aufbau nicht mal Corpsepaint, und es riecht hier auch gar nicht nach ranzigem Tierblut. Wasn da los?
Satanismus finde ich übrigens fast schlimmer als Christentum. Aber ersteres ist zumindest mit ein wenig Humor noch ganz gut zu ertragen. Watain selbst haben vermutlich keinen Humor. Menschliche Regungen sind einfach nicht satanisch genug.
Alleine optisch schonmal eine Macht. Und musikalisch - puh! Harter Stoff! Kein einfaches Geknüppel, eher ziemlich fähiges Geschraube mit komplexen Songstrukturen und Liedern, die trotz ihrer Länge tatsächlich fesseln können.
Heimlich malen wir uns aus, was passiert, wenn mal was Unvorhergesehenes passiert. Ne Saite reißt. Der Sänger rutscht aus. Rosa Plüschteddys fliegen auf die Bühne. Und so weiter. Aber ich glaube, sowas passiert bei Watain nicht. Dann würde die Welt untergehen! Wobei das vermutlich sogar das Ziel der Band ist. Komplexes Thema, dieses Black-Metal-Gedöns
Der Watain-Fan von heute trägt übrigens Sombrero. Mit dieser satanischen Feststellung beenden wir den heutigen Tag - die Knüppelnacht wartet zwar noch mit Negator, Grave und Misery Index auf, aber von denen hätten höchstens Misery Index noch halbwegs was rausgerissen - wir brauchen doch unsere Kräfte noch für die nächsten Tage! Morgen ist der nächste Tag, weiter gehts hier