Southside Festival: Die Ärzte, Mumford & Sons, Kettcar, Mad Caddies, Lagwagon, Thees Uhlmann, 22.06.2012 in Neuhausen ob Eck, Open Air - Bericht von Kabl
Southside Festival 2012 Tag 1, 22.06.2012
Um es vorne weg zu nehmen: Ich werde wieder auf Festivals gehen! Ich finde die Mischung aus Bands gucken, am Zeltplatz gammeln und mit netten Leuten unterwegs sein einfach genial. Warum ich mit diesem Bekenntnis anfange? Nun, ich habe mir bei der gestrigen Heimfahrt schon in Ansätzen überlegt, was ich ungefähr in den Bericht zum Southside-Festival schreiben möchte. Und da ist mir aufgefallen, dass der Bericht doch etwas negativ rüber kommen könnte, da ich ein paar Sachen zum Motzen habe. Meine Kritikpunkte liegen allerdings keinesfalls am Veranstalter oder an der Organisation des Festivals. Man hat aus den Schwächen der letzten Jahre gelernt und, meiner Meinung nach, ein nahezu perfekt organisiertes Festival zusammen bekommen. Meine Kritik wendet sich an Teile der Festivalbesucher. Eine weitere Anmerkung will ich hier geben: Ich werde diesmal relativ wenig Fotos benutzen, dafür mehr Text schreiben, was einfach daran liegt, dass ein Großteil der Bilder ziemlich langweilig geworden ist: Ich war meist zu faul mich weit vor zu kämpfen, um die Musiker irgendwie erkenntlich ablichten zu können. Ich hielt mich fast immer irgendwo in der Mitte auf, somit erkennt man auf den Bildern eher die Leinwände und die großen Banner mit dem Bandlogo. So, es geht los!
Hier, extra für meinen Redaktionskollegen Gerdistan: Ein ordentlicher Konzertbericht beginnt mit dem Foto von einem Klo.
Nach anstrengender Gegenstandschlepperei (auf dem Southside sind die Parkplätze 1-2 Kilometer vom Campingplatz entfernt) steht der Pavillon (hier links im Bild)...
...und bricht nach nicht mal ner Stunde völlig zusammen. Apokalyptische Wetterverhältnisse plagen die Camper am Donnerstag: Der Wind prescht dermaßen durch den Zeltplatz, dass Stangen, Planen etc. durch die Luft fliegen. Ungefährlich ist das nicht.
Der nächste Morgen, die Ruhe nach dem Sturm. Die Sonne scheint, was sich zum Glück an diesem Wochenende nicht groß ändern soll. Erstmal grillen.
Die Campingplatzrunde bereitet sich auf die ersten Konzerte vor. Mit einem passenden Soundtrack: Es laufen penetrant zwei Hip-Hop-Lieder (mit diversen Fäkalausdrücken), wenn die Nachbarn nicht gerade Modern Talking oder Scooter auflegen. Ab und zu wird auch das kommende Geggen Gaggas Album abgefeiert, was sich schon jetzt als Hitfeuerwerk entpuppt.
Natürlich ist auch der Unterhaltungsbeauftragte anwesend! Natürlich mit einem gar wunderschönen Hut.
Auf dem Weg zu den ersten Bands geben wir am extra eingerichteten Pfandautomat (coole Verbesserung im Vergleich zu den letzten Jahren) unsere Dosen ab. Kleines Manko: Die Schlange löst sich nur mühseelig auf, da der Automat jede zweite Dose wieder ausspuckt.
Aufgrund der langen Warterei verpassen wir dann auch "Turbowolf". Hier übrigens der Zeitplan von Freitag, sodass jeder sich ausdenken kann, was er angeschaut hätte.
Wir fangen mit den Mad Caddies an. Kenn ich wenig Lieder, aber die paar die ich kenn finde ich absolut großartig. Es gibt Gute-Laune-Skapunk, der genau zum heißen Wetter passt und einfach fröhliche Stimmung verbreitet.
Positiv hervorheben muss man auf jeden Fall den Schnauzbart vom Bassisten. Als dann der Hit "Monkeys" gespielt wird, gibt es im Publikum kein Halten mehr. Ich komme mir vor wie im Zirkus. Mad Caddies machen ja echt so Zirkusmusik. Nur, dass sich keiner als Clown verkleidet. Gelungener Festivalauftakt!
Es geht weiter mit: Thees Uhlmann! Ich feier ja prinzipiell alles ab was der Herr musikalisch macht. Drum überrascht mein Statement nicht: Überragender Auftritt! Gespielt wird beinahe alles vom Debutalbum - nur "17 Worte" fehlt mir irgendwie.
Kuck mal da oben, Möwen! Sonst reiht sich Hit an Hit: Besonders toll: "& Jay-Z sing uns ein Lied" und als letztes Lied "Die Toten auf dem Rücksitz". Es wird auch ein Song gespielt, der nicht auf dem Album ist. Den kenn ich nicht. Scheint aber irgendwas bekanntes zu sein, da die Meute abgeht wie Sau!
Und Thees bringt es tatsächlich zustande, die intelligenteste Ansage des Festivals zu machen: Thees: "Und, was schaut ihr gleich an, Noel Gallagher oder Fussball? Wer ist für Noel Gallagher?" Ein paar vereinzelte Jubelschreie ertönen. Dann Thees: "Wer ist für Fussball?" Ein lautes Gegröle ertönt. Darauf der Sänger trocken: "Schaut Noel Gallagher, denn Rock'n'Roll ist wichtiger als Deutschland!" Die Ansage zeigt ihre Wirkung: Nach dem Konzert regen sich zwei sichtliche Deutschlandfans auf: "So ein Spast, Oasis soll wichtiger als Fussball sein, Alter."
Nach Thees Uhlmann schnell rüber zu Lagwagon. Wir haben Glück: Es wird gerade der Welthit "May" gespielt. Dann noch zwei Lieder und Ende. Ein Blick auf die Uhr. Hä!? Die hätten doch noch 15 Minuten länger spielen sollen. Ärgerlich.
Weiter geht es mit Kettcar. Das neue Album finde ich ja eher so durchschnittlich, aber die Songauswahl kann heute echt überzeugen. Es gibt n paar neue ("Rettung" kommt beispielsweise echt gut), aber von jedem der bereits vier Alben wird was gespielt.
Ich freue mich besonders über Hits wie "Landungsbrücken raus", "Balu", "Balkon gegenüber", "48 Stunden", aber auch "Kein Außen mehr" (Lieber peinlich als authentisch, authentisch war schon Hitler) vom vorletzten Album kann einiges.
Kleines Manko: Die Mitklatschnummer, bzw. Männer und Frauen separate Teile singen lassen nerven mich! Das hat Kettcar doch nicht nötig.
Zum Schluss gibt es natürlich das obligatorische "Balu", nur zu zweit vorgetragen. Gänsehaut. Jetzt geht's erstmal zurück zum Zeltplatz und da mich weder Noel Gallagher noch Fussball besonders interessiert, will ich mir erstmal was zu Essen machen.
An dieser Stelle muss ich zum ersten ernstzunehmenden Kritikpunkt kommen. Ich will einfach nur zum Zelt laufen, muss dabei jedoch leider durch das Public-Viewing-Gelände durch. Der Anpfiff ist erst in ner Viertelstunde, trotzdem gibt es kaum mehr ein Durchkommen. Ich werde während der 5 Minuten, an denen ich einfach nur versuche an der Leinwand vorbeizukommen, während das Spiel noch nicht mal begonnen hat (!!) öfter angepöbelt, als auf dem gesamten Festival. Ob ich aufs Maul will, sie wollen den Kommentar sehen, einer fängt sogar aggressiv zu Schubsen an, beschimpft mich mit Ausdrücken, die ich hier nicht wiedergebe. Ne, also ohne mich. Das Bild hier ist übrigens nicht vom Public-Viewing, aber passt wegen der "Schland"-Mütze ganz gut.
Aber zurück zum eigentlich Wichtigen auf einem Festival: Den Bands. Es gibt denke ich momentan keine Band, die mehr gehyped wird als "Mumford And Sons". Deren Debutalbum finde ich auch relativ gut, auch wenn ich es nicht ganz so kompromisslos abfeiere wie einige Bekannte.
Live überzeugt das auch: Klingt wie auf CD, der Sänger kann aufgrund seines gebrochenen Arms heute keine Gitarre spielen, dafür betätigt er die Bassdrum und mit der linken Hand eine weitere Trommel. Ich schau mir ein paar Songs an, darunter der Hit "Little Lion Man", lasse mich dann aber zu den "Ärzten" überreden - mit gemischten Gefühlen, da Munford And Sons echt gut sind!
Dann die Ärzte - die höre ich seit fast 15 Jahren, habe sie bisher 4 mal live gesehen, wobei mir ihre Auftritte nicht immer absolut getaugt haben. Auch heute bin ich ein bisschen zwiegespalten. Die Setlist ist meiner Meinung nach sehr gut, jedoch wirkt die Band für mich etwas unmotiviert. Dass auf ausufernde Ansagen größtenteils verzichtet wird, kann jedoch auch daran liegen, dass die Spielzeit der Band mit 120 Minuten weit unter dem Durchschnitt eines normalen Ärzte Konzertes liegt.
Zu "1/2 Lovesong" werden lauter Bilder über die Leinwand eingespielt, von scheinbar untrennbaren Komponenten. Besonders kontrovers: Ein Bild mit den Twin-Towers. Toll auch: "Schunder Song" und "Wie es geht" kommen direkt aufeinander folgend. Von den beiden neuen Platten wird eher das bessere Material gespielt.
Was mir mittlerweile auch zum Hals raushängt: Sitzlaola und ähnlicher Käse. Das war mal originell, aber wenn man den gleichen Gag beinahe 10 Jahre lang macht, ist irgendwann die Luft raus.
Ich hab echt den Eindruck, dass da langsam die Ideen für witzige Publikumsspielchen ausgehen: Bei "Waldspaziergang mit Folgen" sollen die Fans planlos mit einem Kleidungsstück in der Luft rumwedeln. Jau, Songauswahl großartig (auch "Rebell" und "der Graf" kommen sehr gut), Show eher lahm und Musiker in meinen Augen etwas unmotiviert. Am Schluss wird natürlich "Zu spät" intoniert - in einer Highspeed-Version. Farin bekommt zum ersten Mal heute einen Lachanfall, da Rod penetrant mit einer extrem hohen Quietschstimme den Text mitsingt. Sowas verstehe ich dann schon eher unter Ärzte-Humor.
Das war also der erste Tag: Fazit: Keine schlechte Band, dafür treiben sich auf der Public-Viewing-Stage einige mir nicht geheuere Individuen herum. Mal sehen, wie es an Tag 2 weiter geht.