Punk im Ruhrgebiet, Tomboy And His Lonely Heart, El Fisch, 30.01.2015 in Essen, VeganisierBar & Grend - Bericht von Fö
Punk im Ruhrgebiet, Tomboy And His Lonely Heart, El Fisch, 30.01.2015 in Essen
Die Hinfahrt ereignisreich wie immer. Kiki tischt uns unheimlich ergreifende und unterhaltsame Geschichten auf, wodurch die Zeit in der Bahn eigentlich wie im Fluge vergeht, wobei ich jetzt nicht genau differenzieren will, ob es sich dabei um einen Interkontinentalflug oder um eine Heißluftballonfahrt handelt.
Am Essener Bahnhof treffen wir auf die nächsten asozialen Gestalten, die unsere muntere Truppe ergänzen, oder, um es etwas romantisierter auszudrücken, komplettieren. In der VeganisierBar selbst tummeln sich haufenweise Pillemänner (und -frauen), die meisten davon kennt man irgendwie, die anderen nicht. Könnte ja ganz lustig werden, oder auch nicht.
Im hinteren Bereich der Kneipe ist ne kleine Anlage aufgebaut, die man eigentlich auch nur im hinteren Bereich hört, und dort gibt es heute abwechselnd Lesungen von PUNK IM RUHRGEBIET und Deutschpunkcover von TOMBOY AND HIS LONELY HEART. Find ich vom Konzept her okay, so schön durcheinander.
Die Lesung beginnt recht unspektakulär, wird dann aber mit steigendem Pegel der Protagonisten doch ganz witzig. Auch das Publikum greift immer mal aktiv ins Geschehen ein. Highlight am Schluss, als keiner mehr reden, lesen oder trinken kann. Das führt dann zu so ungeheuer witzigen Situationen, über die sich die ganzen Besoffenen natürlich köstlich amüsieren. Objektiv gesehen ist hier natürlich alles überhaupt nicht witzig sondern eher tieftraurig, aber dieser unerschütterliche Mut, mit dem sich der Bodensatz der Gesellschaft selbst feiert, muss ja einfach anerkannt werden.
TomBoy spielt Lieder, oft thematisch passend zu den von den Vorlesenden gewählten Kapiteln, oft auch nicht. Zwei-drei eigene Lieder, ansonsten viele Klassiker, am Ende grölen alle mit oder trinken Bier, oder irgendeinen veganen Bierersatz ohne Alkohol und mit 100% Fruchtgehalt, wie man das halt so macht. Irgendwann lallen alle nur noch, Stühle fliegen und Korken knallen, dann freuen sich alle dass es draußen schneit, oder auch nicht, und die Weltrevolution startet auf der Toilette, macht aber an der Türschwelle kehrt, irgendwer hat vergessen Gulasch zu bestellen und überhaupt, denkt hier überhaupt jemand an die Kinder?!
Es macht die Runde, dass in einem anderen Essener Stadtteil ebenfalls Ruhrgebietspunkgeschichte geschrieben wird, also torkeln wir munter zur Bahn und fahren noch ins Grend, wo wir begrüßt werden mit "Ah, ihr seid also die Fisch-Fans!". Hier haben bereits ungefähr 3 Bands gespielt und der letzte Act soeben die Bühne betreten: EL FISCH! Begleitet von Salven an zerberstenden Biergläsern schüttelt der authentischste Elvis-Imitator seit Donald Duck einen Hit nach dem anderen aus dem Ärmel, begeistert gefeiert von einer bunt gemischten Meute aus Lokalpolitikern und Straßenpennern.
Alle freuen sich, zur Feier des Augenblicks werden noch ein paar Gläser auf den Boden geworfen, es gibt Paartanz und Schnaps, Fisch muss Zugaben en masse spielen, einvernehmlich wird beschlossen bis morgen wieder alles vergessen zu haben. Aber Pech, gerüchteweise waren zwei Nüchterne im Raum.
Ja, so war das, denn so steht es geschrieben. Eben ein ganz normaler Abend im Ruhrgebiet.