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Tulips, Idiot Siege, Choke Boy, 18.05.2024 in Dortmund, Atelier Schreinerei - Bericht von der Redaktion

Tulips, Idiot Siege, Choke Boy, 18.05.2024 in Dortmund

Fö: Okay, wieder mal ins Atelier, heute wird Livemusik geschreinert!
Dr. Mabuse: Mir wurde zugetragen, dass Du das Konzert legendär bei einer Diskussionsrunde angekündigt hast! Ich hatte es heute gar nicht so auf dem Schirm, aber meine Fußball-Hooligan-Kolleg:innen schleppen mich hin. Dieses Areal mit seiner reichhaltigen StreetArt fasziniert mich schon sehr! MOC hat hier tolle Exponate.
Fö:  Ah, du hast also die Hooligans zur Diskussionsrunde geschickt!
Hasky:  Wieso hat man eigentlich ein Fußballtrikot vom Stadtclub bei so einem Konzert an?
Dr. Mabuse: Weil das total kultig ist und niemand das auf so einem Event tragen würde!
Dr. Mabuse: Auch ohne Konzerte kann man hier mal vorbeischauen und Kunst bewundern! 
Hasky: Es gab früher einmal jährlich einen HipHop-Jam in dem Innenhof, das war auch eine schöne Veranstaltung. Die letzten Jahre leider nicht mehr, weiß da jemand, was daraus geworden ist?
Fö: Ich weiß nicht ob das der Ersatz ist, aber die letzten Jahre gab es immer den Backboard Jam im Hafen.
Fö: Eigentlich hatte ich vor, in diesem Bericht mal zu dokumentieren, wie man so ne Veranstaltung vorbereitet und was so zu beachten ist. Vielleicht inspiriert das ja mal neue Akteur*innen, auch mal aktiv ins Veranstaltungsleben einzutauchen, dann müssen das nicht immer wir alten Leute machen. Leider habe ich diesen Vorsatz schnell wieder vergessen und keine Fotos mehr gemacht. Sorry. Aber exemplarisch mein erstes Foto des Tages: Was nehme ich mit?
Man sieht hier: GEMA-Bögen (wenn keine Band in der GEMA ist, trotzdem alle ausfüllen lassen, sonst habt ihr ja nix um der GEMA nachzuweisen, dass niemand in der GEMA ist. Easy!), Kasse mit Wechselgeld, Stempel + Stempelkissen, Leere Blätter, Stifte, Permanentmarker, Tape, Kabelbinder, Taschenmesser, Taschenlampe. Kann alles nicht schaden. Unten noch ne Tasche mit Utensilien aus unserem Awareness-Schrank: Leuchtbänder, Traubenzucker, Ohrstöpsel, Pflaster, Menstruationsartikel. Und ne Pulle Schnaps für den Mischer. Achja, und die Tech-Rider der Bands hab ich ausgedruckt. Und dann vergessen.
Fö: Kein Foto davon, wie vorher der Austausch mit den Bands war - sorry. Einiges davon hat vielleicht schon vorn paar Jahren der Artikel zum Bierschinken eats FZW erläutert. Also, was bringen die Bands, was brauchen die Bands? Was ich auch nicht mitgeschleppt hab, war das Catering für die Bands, darum kümmert sich heute Wockel.
Was Technik betrifft: Im Atelier gibt es keine PA, also müssen wir die besorgen. Deswegen fahren unser Tontechnikprofi Watson und ich schon mittags los, um alles einzuladen. Boxen, Stative, Mikros (für Gesang und zum Abnehmen von Gitarren und Schlagzeug), eine ganze Kabeltrommel voller XLR-Kabel, ne Kiste mit Stromkabeln. Irgendein Rack (keine Ahnung was da drin ist. Ist das ein Verstärker? Ne Endstufe? Aber um das zu wissen, gibt es Tontechnikmenschen!). Das Mischpult selbst natürlich auch. Sowas wog früher geschätzt ne Tonne und passt diesmal, digitaler Technik sei dank, in nen Punker-Rucksack. Geil!
Achja, und Licht bringen wir auch mit, aber nur so viel wie noch in die Karre passt.

Anderer Technikkram kommt von den Bands. Backline (Schlagzeug-Grundset, Gitarrenboxen, Bassbox) teilen sich die Bands nach Absprache, alles andere (Instrumente, Effektgeräte, Topteile, Schlagzeug-Verschleißkram usw.) bringt normalerweise jede Band selbst mit.
Fö: Tja, gibt es sonst noch was zu beachten? Vieles ist halt in Absprache mit den Bands und der Location zu klären.

Mit der Location klären wir:
- gibt es ne Anlage? Wer macht die Tontechnik?
- wer kümmert sich ums Catering? Wie sieht's aus mit Freigetränken für die Bands?
- wer betreut den Tresen und die Kasse?
- wer meldet den Quatsch bei der GEMA an?
- Brauchen wir Security?
- Gibt es und brauchen wir ein Awareness-Konzept?
- Wie teilen wir eventuelle Einnahmen auf? Oder müssen wir Miete zahlen?
- machen wir nen Vorverkauf? Was soll der Eintritt kosten?

Mit den Bands klären wir:
- was braucht ihr mindestens an Kohle?
- Wie viele Pennplätze braucht ihr?
- Irgendwelche Lebensmittelunverträglichkeiten oder sonstige Wünsche
- und natürlich die Absprache mit der Backline und sonstiger Technik.

Wobei natürlich nicht alle Punkte für jede Veranstaltung relevant sind. Nen Zeitplan müssen wir aber natürlich noch ausarbeiten. Heute sind die Bands schon um 16 Uhr statt wie geplant um 17 Uhr da. Das macht die Sache natürlich deutlich entspannter für uns und der Soundcheck ist beendet, bevor die ersten Gäste eintrudeln.
Fö: Achja, und man sollte im Vorfeld ein bisschen Werbung machen, damit auch Leute kommen. Ohne Besucher*innen ist son Konzert immer noch sehr cool, weil dann ist man sehr anti-mainstream. Heute sind alle Beteiligten überrascht, wie mainstream wir sind. Es kommen tatsächlich Leute und als CHOKE BOY anfangen, stehen sogar welche vor der Bühne.

Zum Thema Anfang: Ich erwähnte ja schon den Zeitplan. Um 22 Uhr wollen wir hier Schluss machen mit Lärm, um Anwohner*innen nicht total zu verärgern. Das heißt wir starten bei drei Bands um 19:30 und hoffen, dass das klappt. Zwischen den Bands gibt es schließlich noch Umbau und Linecheck (das ist so ne Art verkürzter Soundcheck). Wenn man Glück hat schafft man das in 15 Minuten, rechnen sollte man eher mit 30.
Achja, und wenn Bands (nennen wir sie mal CHOKE BOY) im Vorfeld sagen, dass ihr Set 30 Minuten dauert und sie noch nie über 30 Minuten gespielt hätten, dann werden sie vermutlich ausgerechnet heute diesen Rekord brechen. Geplant haben wir heute mit 35 Minuten Spielzeit und 20 Minuten Umbau pro Band. War dann aber doch eher 30/30. Allgemein ist es immer gut, jemanden mit Blick auf die Uhr neben die Bühne zu stellen.
Dr. Mabuse: Dortmund, eine Großstadt mit Kleinstadtproblemen. Irgendwie beschwert sich immer jemand. 
Fö: Was die Spielreihenfolge betrifft, da gibt es natürlich viele Faktoren. Wie bekannt sind die Bands, wie lokal sind sie, welchen Slot wollen sie überhaupt, wir divers sind die Musikstile des Abends und was für einen Spannungsaufbau wollen wir erzeugen? All diese Aspekte austariert und kalkuliert, kommt man schließlich zu dem Ergebnis, dass CHOKE BOY als erstes spielen. Womit wir meiner Meinung nach dann doch mal zum musikalischen Teil des Berichts übergehen können!
Ich bin weiterhin großer Fan von Choke Boy, auch wenn die neueren Aufnahmen (sie haben zwei neue Tapes draußen, eins davon ne Split mit Idiot Siege) nicht mehr ganz diesen geilen Estranged-Touch haben. Trotzdem, was die da abliefern ist irre geil, schön gespielt und tanzbar!
Fö: Blick von neben der Bühne. Im Vordergrund: Durstlöscher Geschmacksrichtung Bubblegum (gehört nicht der Band, gibt aber optisch den gewissen Kniff). Im Hintergrund: Das geile Hemd von Rosi, Labelchef der Band (dem gehört die Band und er gibt optisch ebenfalls einen gewissen Kniff).
Außerdem sieht man die monströse Lichtanlage. Im späteren Verlauf des Abends sieht man diese nicht mehr, weil sich Leute davor stellen. Ups.
Dr. Mabuse: Er muss aber noch lernen, wie man richtig auf einer Couch sitzt. Aber das bekommt mein zweijähriger Neffe mittlerweile auch ganz gut hin!
Dr. Mabuse: Choke Boy machen vieles richtig und haben raffinierte Zwischenansagen. 
Hasky: Leider bekomme ich von Choke Boy nicht so viel mit. Bin da noch mit der Kasse beschäftigt und bestaune Watsons Künste beim Abmischen der Band über ein Tablet.
Fö: Schlagzeugerfoto. Immens wichtig!
Dr. Mabuse: Ich muss zugeben, dass draußen so viele bekannte Gesichter anzutreffen sind, dass ich mal kurz rausgehe, um allen „Hallo“ zu sagen. Wer glaubt, dass der Cannabis-Konsum nach der Legalisierung zurückgeht (weil uncool), hat sich geirrt. 
Hasky: Im Vorfeld hatte ich von vielen gehört, dass sie nicht können. Die Bedenken, es könnte nicht so voll werden, haben sich schnell zerstreut.
Fö: Dann IDIOT SIEGE! Wie erwähnt, gerade ein Split-Tape mit Choke Boy rausgebracht. Das kostet bei Idiot Siege auch nur 100 Euro statt 35 wie bei Choke Boy. Werden da Fans gegenseitig ausgespielt?
Idiot Siege sind jedenfalls noch deutlich aggressiver in der musikalischen Umsetzung. Erinnert mich aber auch mal an irgendwas in der Schnittmenge von Hot Water Music und Duesenjaeger. Falls ihr euch darunter was vorstellen könnt.
Fö: Zuletzt (und erstmalig) gesehen habe ich Idiot Siege vor 5 Jahren in Kruses Haus (Bericht). War damals ihr drittes Konzert oder so. Warum man das dritte Konzert als Leipziger Band ausgerechnet in Herdecke spielt, hab ich schon damals nicht verstanden. Jedenfalls spielte damals noch Jöran in der Band. Der später wieder nach Dortmund zog und Choke Boy gründete, gemeinsam mit Kruse und Markus, die damals auch mit ihrer Band Children of Boredom spielten. So schließt sich der Kreis.
Fö: Nee, hier schließt sich der Kreis: Für ein paar Songs reißt Jöran das Mikro an sich.
Hasky: Hatte bei Idiot Siege schon ein paar mal rein gehört und fand das ganz ok. Das hat sich nach dem Auftritt auf jeden Fall geändert. Bei manchen Bands brauche ich das erstmal live und in Farbe, damit das richtig zündet. Das war echt gut.
Dr. Mabuse: Hier noch ein Foto der gelungenen Gesangskooperation. 
Dr. Mabuse: Klare Ansage zum 7. Oktober und gegen jeden Antisemitismus. Ebenfalls verarbeitet in einem Song. 
Fö: Gutes Statement, guter Song. Muss man ja auch mal sagen. Wer den Terror der Hamas ignoriert oder gar negiert oder glorifiziert, dem fehlt jeglicher Kompass dafür, was "Widerstandsgruppen" sind. Ergänzend dazu hier noch ein zitierwürdiges Statement von Salman Rushdi.
Fö: Am Ende muss ich knallhart die Kartoffel raushängen lassen und die Band bitten, nen Song zu streichen. Und Zugaben gibt's eh nicht, das ist nach Punk-Regelwerk sowieso verboten.
Fö: Dann TULIPS! Mit der Band haben wir auch ne lange Geschichte, ich weiß gar nicht mehr wann ich die Band zuerst angefragt habe für ein Konzert, es folgten jedenfalls noch viele weitere Anfragen. Heute passt es endlich mal, wir können miteinander vis-a-vis reden ohne SMS zu schicken und ich sehe TULIPS zum ersten Mal live. Super!
Hasky: Toll, dass du dran geblieben bist. Das hat sich wirklich gelohnt.
Fö: Zu wenig Fotos gemacht, ich hoffe es hat noch jemand anders? Tulips sind nun wirklich der Höhepunkt des Abends, das ist wundervolle Musik. Irgendwas mit Indie, Wave, aber natürlich auch Punk und Pop. Richtig schön!
Hasky: Mich erinnert das ein wenig an den Auftritt von Irnini Mons. Nicht nur weil die schon mal im Atelier waren, aber irgendwie fesseln mich Tulips auf eine ähnliche Weise.
Dr. Mabuse: Was für eine krasse Stimme! Bei Tulips stimmt einfach alles! Zuletzt war ich von Riot Spears so begeistert! Unverhofft kommt selten, habe ich letzte Woche gelernt, aber manchmal dann eben doch!
Fö: Noch ein Tipp für zukünftige Veranstalter*innen: fangt erstmal an mit Läden, die laute Konzerte machen dürfen. Und wenn nicht: Wenn ihr freundlich seid, sind es die anrückenden Polizist*innen meistens auch. Zumindest wenn ihr glaubhaft versichern könnt, dass um 22 Uhr auch wirklich Ruhe ist. Wer auch immer die gerufen hat kann sich natürlich gerne melden, wir sind für Austausch offen und finden bestimmt ne Lösung. Nun aber weiter mit Tulips, ihr habt noch 13 Minuten!
Dr. Mabuse: Auch am Schlagzeug wird gesungen und das harmoniert richtig gut mit dem weiteren Gesang. Bei „Hollow“ gibt es dann absolute Gänsehaut-Momente! Was für ein Brecher von einem Song! 
Hasky: Vielleicht könnte das Mehrstimmige noch ein wenig ausgebaut werden. Finde es aber auch so schon richtig gut.
Dr. Mabuse: Die Keyboardelemente bereichern jeden einzelnen Song und schaffen eine andere Tiefe!
Dr. Mabuse: Gänsehaut-Moment Nummer 48 - Mit noch zwei Minuten Spielzeit auf der Uhr wird noch ein allseits bekannter Lieblingssong angespielt und das glückliche Publikum in die laue Dortmunder Nacht entlassen! Es war ein fantastischer Abend. Danke an alle, die das möglich gemacht haben!
Fö: Das war wirklich sehr schön! Das gesamte Team dankt! Gibt auf jeden Fall Kraft für die nächsten Veranstaltungen, da weiß man wofür man das macht.
Hasky: Hat jemand das Micro aus der Basedrum geholt?

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