The Drowns, Autobot, 07.08.2024 in Aulendorf, IrReal - Bericht von der Redaktion
The Drowns, Autobot, 07.08.2024 in Aulendorf
Da die Busanbindung mal wieder bescheiden ist, fahre ich mit dem Auto nach Laupheim West und von dort per Zug nach Aulendorf. So habe ich immerhin 2/3 der Strecke autofrei geschafft. Was, schon 20 Uhr? Dann mal ab ins Auto. Kaum 5 km gefahren kommt schon die WhatsApp Nachricht von André Lux aka Autobot: "wo bisch"? Bloß keinen Druck aufbauen... Weitere 12,37 min später stell ich mein Auto direkt vor dem irReal ab - so gefällt mir das, ein Konzert der kurzen Wege heute, is auch viel zu warm zum Laufen.
Es herrscht schon ein munteres Treiben auf der Terrasse, die bereits richtig gut gefüllt ist, mit Publikum, das absolut nicht nach Helene Fischer aussieht - hier bin ich richtig!
Drin die letzten Töne des Soundchecks von The Drowns, klingt vielversprechend! Kurz André hallo gesagt, bevor dieser auch zum Soundcheck gebeten wird.
Also ordere ich erstmal ein motivierendes Kaltgertränk und warte auf der Terrasse auf Alex, der ökologisch korrekt mit der DB anreist und sogar fast keine Verspätung hat!
Er greift zum Pilsner Urquell aus dem Hansa Glas, naja immerhin kein Weizen aus der Flasche. Wir können die Bierfrage nicht mehr abschließend klären, denn es ist bereits kurz nach 9.
Wer Bier mag und nur ein Mal in seinem Leben in Tschechien war, der wird vermutlich verstehen, warum ich jedes Pilsner Urquell aus dem Fass dankend annehme. Kaum aus dem Zug gestiegen, bin ich schon im irReal, denn das sind vielleicht 3 Minuten Fußweg. Dort eingetroffen tummeln sich einige Leute, darunter Herr Löd, auf der Terrasse und ich bekomme sofort das Gefühl, dass das ein guter Abend wird. Das kann nur so sein, wenn man bedenkt, wer in den 4 Wänden bereits gastierte: Pascow, The Detectors, The Baboon Show und einige weitere gute Bands.
Autobot legt los und beschwert sich quasi sekündlich über die sommerlichen Temperaturen und tropische Luftfeuchtigkeit im Raum.
Er schafft es in seinem knapp 30 Minuten Set noch ein paar Grad mehr im irReal zu erzeugen.
Ein Vorgeschmack auf was noch kommt.
Zu Beginn spürt man eine gewisse Nervosität beim Künstler, kein Wunder beim Heimspiel. Er hat sogar seinen eigenen Heavy Metal Song vergessen, der Vollprofi... AUTOBOT nimmt seinen Namen nicht allzu ernst, denn der mittlerweile in Aulendorf ansässige André kam zu Fuß. Geschwungen wird die Akustikklampfe zu witzigem Deutschpunk. Das ist so ziemlich das Gegenteil des theatralischen Singer-Songwriter Programms, das man von solch einem Auftritt vielleicht erwarten würde. Währenddessen herrschen Temperaturen, bei denen ich nicht mal ein kleines Bier trinken kann, ohne dass es schal wird.
Aber nach ein, zwei Songs sind die Finger und "d Gosch" dann locker und die schrammelig, schnodderigen Songs über z.B. Marmeladefetische und defekte Agrarmaschinen sorgen für verschwitzt grinsende Gesichter im Publikum.
Die Geschichten über absurde Alltagssituationen - mal mit einer Portion Gesellschaftskritik oder auch nur grundlosem Blödsinn sind aber auch einfach zu gut.
Nach der zurecht geforderten Zugabe geht ein nasser aber zufrieden dreinschauender Autobot von der Bühne und ich mit Alex schleunigst vor die Tür.
Borleck, war das warm! Löd muss zeitweise als Notenständer herhalten. Viel mehr als um Noten geht es um Texte, die dem Autobot nicht mehr ganz geläufig sind. Ohne zu wissen wann sein letztes Konzert tatsächlich war, der neuste und einzige Bericht in Bierschinken datiert auf 2011 zurück. Da kann man auch mal eine Textzeile vergessen. Das tut dem ganzen aber gar keinen Abbruch. Im Gegenteil, ich finde es sogar amüsant und die Gehilfen freuen sich, kurzzeitig von Bedeutung zu sein.
Das iReal ist ein ehemaliges - man sagt wohl - gut bürgerliches Gasthaus, dessen Umwidmung zur Räuberhöhle für die Subkultur mir natürlich besser schmeckt als gemischter Braten mit Spätzle und Soß. Was ich aber eigentlich sagen will, es ist keine ausgesprochene Konzert Venue. Es ist eine kleine Bühne vorhanden und eine sehr überschaubare PA. Daher ist die Soundqualität oft unterdurchschnittlich, je nachdem, wie laut die Band selbst spielt und wie sie ihren Sound im Griff hat. Aber das heute Abend das haut mir echt den Vogel raus! Der Sound ist sowas von gut. Alle Instrumente sind da wo sie sein sollen, der Gesang kommt gut durch. Die Gitarren klingen göttlich. Einfach großartig. Man merkt dass die Drowns bei aller Rauheit und Rock´n-´Roll Attitüde sehr genau wissen was sie tun und eine unglaublich professionelle Arbeit abliefern. Mir als Soundgourmet taugt das sehr! Dazu kommen die 4 Herren sehr sympathisch rüber und scheinen den Abend wirklich zu genießen. Schließlich spielen sie zwei Zugaben, obwohl sie während des Sets ankündigen, dass sie über Nacht nach Slowenien zum PRH fahren und daher nach der Show sofort zusammenpacken müssen. Während ich mich auf der Terrasse von den Temperaturen im Innenraum erhole, legen THE DROWNS los und damit meine ich, sie pusten jedes Staubkorn aus den Dielen des irReal. Im Gegensatz zu Autobot, ist die Band aus Seattle weniger vertraut mit Aulendorf, selbst wenn sie schon zum zweiten Mal hier ist. Der Rock n' Roll der Drowns kommt ziemlich schroff daher und wird mit maximalem Selbstbewusstsein gespielt, sodass es gut und gerne auch was für die Street Punker ist. Seit Ende Juli bereichert Christian Martucci (links im Bild) die Gruppe. Mit mehr als genug Erfahrung als Lead Gitarrist von Bands wie Stone Sour hat er die Diskografie so quasi über Nacht einstudiert. Es ist insgesamt ziemlich absurd, was die geschätzt 70 Leute an diesem Mittwochabend für einen Zehner geboten bekommen. Die Drowns sind nämlich andere Bühnen gewohnt. Zudem haben sie morgen eine ewige Fahrt nach Tolmin vor sich, wo sie auf dem Punk Rock Holiday auftreten werden. Dennoch schalten sie nicht einen Gang zurück, was mir viel Freude bereitet und sie sympathisch macht. Rev meint sogar, dass sie lieber an Orten wie dem irReal spielen als auf den großen Bühnen, was in dem Kontext glaubhaft ist. Viele der Anwesenden wissen es zu schätzen, pogen und singen mit.
Nach der Show heißt es erstmal auf der Terrasse auslüften. Überall stehen gut durchnässte Gäste und versuchen ihren Flüssigkeitshaushalt wieder in den Griff zu bekommen. Ich nehme noch ein Radler zu mir, wechen de Elektrolydde und weil ich noch fahren muss, verabschiede mich von Alex, der sich zum Bahnhof aufmacht und plane mit André noch unsere morgige Fahrt nach Lindau zu Strung out. Aber das steht dann in einem anderen Bericht... Ich gehe richtig beseelt nach Hause. Das war so ein Abend, an dem echt alles so war wie es sollte: tolles Konzert, nette Gastwirtschaft und gute Stimmung. Als wäre es nicht schon schön genug gewesen, habe ich noch 5 Cent im Zug gefunden.