Core Fest 2024 Tag 2: Lionheart, Oceans Ate Alaska, Signs of the Swarm, Dream State, E-Town Concrete, Varials, Avralize, RedHook, Defocus, Cabal, Abbie Falls, To The Grave, Accvsed, Ashen, 02.11.2024 in Stuttgart, Im Wizemann - Bericht von alexanderdavide
Core Fest 2024 Tag 2, 02.11.2024 in Stuttgart
Ich starte mit deftigem, veganem Frühstück und anschließendem Bier bei Dinkelacker. Die Stuttgarter Bierpreise machen mich fertig. Dabei hat der Bierdurstmann doch gesagt, das Bier muss man billig belassen.
Der Opener des zweiten Tages ist ASHEN aus Paris. Die Bühnenpräsenz ist allererste Sojasahne und mit der Musik kann ich mich einigermaßen anfreunden. Der Bassist erinnert mich an die Frontperson der gestrigen Opener GOLDMANN. Da Ashen wegen technischen Problemen 10 Minuten später begonnen hat, ist die Darbietung von kürzerer Dauer. Hier ist alles hochgradig getaktet. Bis zur ersten Entdeckung von Rammstein-Merch hat es heute keine 30 Minuten gedauert.
Einen grundsoliden Auftritt erleben wir von ACCVSED in schöner Balance zwischen schwermütger Härte, Melodie und mitsingbaren Lyrics. An einer Stelle schreit ein Zuschauer einige Zeilen ins Mikrofon als wären es seine.
Ziemlich voreingenommen bin ich an TO THE GRAVE herangetreten, weil die aggressiven, teils grunzenden Vocals meine Geschmacksknospen beim Reinhören kein bisschen angeregt haben. Je mehr ich davon live sehe, umso mehr entdecke ich Aspekte, die mir gefallen. Dazu gehören Themen wie "animal liberation or human extinction". Das Publikum findet es offensichtlich herausragend, was die lange Anreise der Band aus Sydney etwas entlohnt. Auf der anderen Seite ist es hier ja nicht deren einziger Stopp. Gedanklich wage ich den naheliegenden Vergleich zum diesjährigen SBÄM Fest, das ich zuletzt im ähnlich Format hier erlebte. So weh es mir tut, was Community-Support angeht, wirkt Punk in der Hinsicht wie ein Trauerfall.
Bei ABBIE FALLS verstehe ich das Konzept nicht, außer dass es abgehen soll. Die Musik besteht aus allen erdenklichen Spielweisen zeitgenössischen Metals bis hin zu Elektrobeats. Fast noch trauriger als den hier weit verbreiteten Rammstein-Merch finde ich das Anti-Flag-Shirt eines Besuchers.
CABAL aus Dänemark fabriziert Dark bis Death Metal mit Einflüssen von Hardcore. Zerstörerische Breaks paaren sich mit Two Step Mosh Parts. Inhaltlich bewegen wir uns irgendwo am Ende der Welt. Eben dort herrscht wohl ein Mangel an Oberbekleidung, denn die Person am Schlagzeug ist ohne.
Passend zum Namen fällt es mir bei DEFOCUS schwer, die Aufmerksamkeit zu halten. Im Wechsel zwischen erwartungsgemäßem Metalcore, sanfteren Gesangsnummern und poppigen, astronomisch klingenden Einspielern vom Samplepad verliere ich immer wieder den roten Faden.
Experimentell geht es mit REDHOOK weiter, die, ebenfalls wie To The Grave, aus Sydney kommen. Ich hoffe, sie haben eine Fahrgemeinschaft gebildet. Die Person am Mikrofon stellt ihre Gruppe als "a bunch of weirdos" vor und ich stimme schamlos zu. Für mich klingt das, wie wenn Paramore Metalcore spielen würde.
Neben den typischen Charakteristiken einer Nu-Metal-Band wirft AVRALIZE eine überdurchschnittliche Dosis Gesang in den Schmelzkessel, den man auch von einer R&B Scheibe ziehen könnte. Neben dem Gesang geht mir die endlose Publikumsanimation auf den Geist. "Kommt schon Leute!"
Auch hinterm Schlagwerk von VARIALS sucht man vergebens nach einem T-Shirt. Dafür ist der sonstige Auftritt der Metal-Hardcore-Mischung aus Philadelphia stark. Guest Vocals gibt es von CABAL und TO THE GRAVE.
E-TOWN CONCRETE aus New Jersey mischt Rap mit Old School Hardcore und das auf authentische und sympathische Art. Ich meine, das ist die erste Vorstellung, bei der das Publikum in Ruhe sein Ding machen darf. Andererseits sind gar nicht so viele Leute vor die Bühne gekommen, die man domptieren könnte. Der Mensch am Mikro erwähnt, dass sie gegenwärtig mit Lionheart unterwegs sind. Das passt zusammen und so gewinnt ein Lionheart-Konzert sogar an dringend notwendiger Bodenständigkeit.
Es folgt die walisische Band DREAM STATE, die gleich zwei Mal vom Publikum wissen möchte "Who wants to say 'hi' at the merch table?" und sich damit den Award für die dämlichste Publikumsinteraktion dieses Festivals sichert. Sie lassen uns wissen, dass sie kein Label haben und voll DIY sind. Nichtsdestotrotz kann ich mich an der schönen Gesangsstimme erfreuen, die beeindruckende Höhen zum Besten gibt.
SIGNS OF THE SWARM haut uns massivsten Deathcore um die Ohren, der überraschend stark nach vorne geht. Die Halle ist im Vergleich zu vorhin wieder ansehnlich gefüllt, was an den sichtlich vielen Enthusiasten der Musik bzw. Band aus den Staaten liegt.
OCEANS ATE ALASKA sprengt Genregrenzen auf eine gute Art und Weise. "Escapist" ist ein gutes Beispiel. Joel sagt so etwas wie, egal ob man sie jetzt gut oder schlecht findet, wir brauchen Musik und die Verbindung dadurch. Da ist etwas Wahres dran.
LIONHEART startet mit Banner, auf dem sogar "Nation" steht. Noch kein Ton gehört und schon bewegen wir uns auf dünnem Eis.
Das ist schon die krasse Bollo-Granate mit einem bedenklichen Maß an Heimatstolz. Wenn ich das Inhaltliche ausblende, kann ich aber schon feststellen, dass das super Old School Hardcore ist. Von allem ist der Sound Engineer locker der Krasseste, denn der Klang ist herausragend und mit Abstand der Beste unter den Acts der Halle.
Damit ist der Spuk vorbei. Zusammenfassend war es ein gelungener Ausflug in die Tiefen des modernen Metals. Das Core Fest bot dafür ein erstklassiges, internationales Lineup. Dieses fiel mit 27 Bands zudem mehr als umfangreich aus. Tatsächlich habe ich nur eine davon verpasst. Die Veranstaltung wird zweifelsohne professionell organisiert, was sich von guter Kommunikation bis hin zu Details wie dem Backdrop der Kaiser Stage bemerkbar machte. Der einzige Wermutstropfen war das übersichtliche vegane Essensangebot. Summa summarum war das Core Fest sein Geld wert, behaupte ich als Schwabe.