Punk Rock Holiday 1.1, Teil 3 (14.08.2011): The Real McKenzies, Strung Out, Jingo De Lunch, Total Chaos, Extreme Smoke 57 in Tolmin (SLO), Sotocje - Bericht von Fö
Punk Rock Holiday, Tolmin/Slovenien, Teil 3 (14.08.2011)
Und weiter geht's! Wir befinden uns immer noch in Slowenien, genauer gesagt Tolmin, genauer gesagt Punk Rock Holiday 1.1 Festival. Das Teil findet übrigens zum ersten Mal statt und ist ein Zusammenschluss der beiden Festivals Njoki und Sklab - nur der Vollständigkeit halber. Dieses Jahr also mit vereinten Kräften auf dem malerischen Gelände des Metalcamps...
Wie bereits gestern steht uns die erste Hälfte des Tages zur freien Verfügung (muaha), da erst später die Bands starten - also fahren wir mal kurz ans Meer!
Ja, wenn dat nicht mal eindeutig die Bezeichnung Urlaub verdient, oder genauer gesagt "Punkrock Holiday"! Abends lecker Punkrock, vorher schön Urlaub. Gestern im Gebirge wandern, heute im Meer schwimmen - könnte schlimmer sein, wa? Wir besuchen Hö und Johanna, die übers Wochenende auf nem kleinen Party-Campingplatz in Monfalcone hausen, im Norden Italiens.
Schon geil, wie nah hier alles ist - zumindest wenn man, wie wir, dank Auto einigermaßen flexibel ist. Knapp 70 Kilometer vom Festivalgelände entfernt. Statt Alpen nun Adriaküste. Joah, schon nett. Für meinen Geschmack ist das Meer zwar etwas zu still (ich brauch hohe Atlantikwellen), aber zum Reinhüpfen genau das Richtige. Also schön inne Sonne pflanzen, Frühstück am Mittelmeer - läuft!
Für ein paar Stunden also mal ne ganz andere Welt. Okay, mal ehrlich, mehrere Tage würd ichs hier nicht aushalten, dazu isset dann doch zu eintönig. Aber so für zwischendurch...und wie ein weiser Mann einst sagte: "Was will ich mit Meer? Ich will Bier, mehr Bier!"
...was uns dann wieder zum Punk Rock Holiday führt. Kurz zurückfahren, damit wir auch ja zur ersten Band EXTREME SMOKE 57 da sind! Die fallen ein kleines bisschen aus dem Rahmen des Festivals, servieren sie nämlich keinen Punkrock sondern waschechten Grindcore! Großer Spaß! Zur Vorbereitung auf das Festival hab ich mir übrigens ein paar Songs runtergeladen. 29 Lieder in 7 Minuten. Das ist doch mal ne Ansage!
Die Band ist verwurzelt in der Bandszene von Nova Gorica (Slowenien, wat sonst), wurde bereits 1990 gegründet und löste sich 1992 erfolgreich auf, um 2008 wieder an die Öffentlichkeit zu treten. Fantastische Bandbiographie, nicht wahr? Genauso fantastisch wie der komplette Auftritt. Ansagen deutlich länger als die Lieder, ordentliches Haudrauf-Geschrammel mit gutturalem Geschrei.
Band wie Publikum haben mächtig Spaß an der Sache - und das, wo Grindcore doch so extrem böse ist! Ständig latschen Leute mit Strandhandtüchern und Flip Flops durchs Bild, ein Mädel verteilt fleißig Seifenblasen in den ersten Reihen, und von der Bühne dröhnt ein Drescher nach dem Nächsten. Herrlich!
Ziemlich geil auch ein Song, der einfach mal total aus dem Gesamtkonzept ausbricht. Ich nenne ihn mal vorsichtig "Die Ballade". Da werden ganz frech total funky tanzbare Gitarrenlinien eingestreut, um dann doch wieder ins klassische Grindcore-Gegurgel überzugehen. Und das schön im Wechsel. Herrlich!
Ja, wir sind auf Anhieb Fans! Es sollte mehr 30-Sekunden-Konzeptsong-Grindcore-Bands geben! Jojo labert nach dem Konzert noch den Sänger an. Leider haben sie aber keine T-Shirts mehr - alle 30 gedruckten wurden letzten Monat verkauft. Eigentlich auch kein Wunder bei solch einer großartigen Band. Sollten definitiv öfter spielen. Aber leider haben sie dieses ominöse "Drummer-Problem", wie wir erfahren.
Zurück zum Zeltplatz, jetzt wird gegrillt (übrigens, ihr ahnt es, unsere Lieblingsbeschäftigung neben Grindcore hören). Am Nachbarzelt haben mal wieder diverse Drogencocktails ihre Wirkung gezeigt und wir werden mit selbst kreierten Dortmund-Hymnen (natürlich auf slowenisch und auf Akustikgitarre) unterhalten. Puh.
Wird mal wieder Zeit für verstärkte Gitarren. Auf die Crushing Caspars haben wir guten Gewissens verzichtet, dafür lassen wir uns aber TOTAL CHAOS nicht entgehen. Streetpunk mit Irofaktor in der Tradition von Bands wie Casualties, Exploited und wie sie alle heißen. Passt also auch nicht 100%ig zum eher poppig angehauchten Punkrock der übrigen Bands auf dem Festival
Kommt mir aber ganz recht, so ne ordentliche Portion Straßenpunk. Die Band selbst zieht ihr Set ganz souverän durch, fühlt sich aber spürbar nicht ganz wohl auf großer Bühne ohne viel Kontakt zum Publikum. Viel kann man hier mit erhobenen Fäusten, Riot und Revolution nicht erreichen.
Aber Wurst. Sänger Rob macht uns noch kurz darauf aufmerksam, dass die Band ja mal auf demselben Label (Epitaph) war wie Bad Religion und NoFX, was vermutlich doch ein paar Leute aufhorchen lässt. In Deutschland ist die Band übrigens mittlerweile bei Aggressive Punk Produktionen, wo auch ihr aktuelles Album "Battered and Smashed" erschien.
Sonderlich bekannt scheint die Band nicht zu sein, Pogo und Mitgegröle will nicht so wirklich ausarten. Aber ich kenne ja selbst kaum Lieder der Band. In Erinnerung geblieben ist mir der Song "Total Massacre", oder auch der absolute Hit "Du siehst scheiße aus", mit der zugehörigen Ansage "this song is dedicated to you all" - hm, lass ich mal als netten Gag durchgehen.
Am Schluss noch "Riot City", und endlich tauen Band wie Publikum auch ein wenig auf - auch wenn Rob ein wenig Schützenhilfe leisten muss, indem er ein wenig Dosenbier im Publikum verteilt. Da kriegt selbst die Security leuchtende Augen.
Kurz runter zum Strand. Der eignet sich vorzüglich, um die 15 Minuten Umbaupause etwas zu überbrücken. Ein wenig enttäuschend ist nur die angekündigte 24-Stunden-Punkrockdisco - die läuft nämlich nicht unbedingt 24 Stunden, sondern eher so 2-4. Aber egal.
Irgendwann wieder hoch gen Bühne. Spielt jetzt schließlich die Berliner Crossover-Punk-Legende JINGO DE LUNCH. Die Band hatte ihre Hoch-Phase vor meiner Zeit, und ich bin auch nie wirklich mit ihnen warm geworden, obwohl sie den Kultstatus wohl nicht zu Unrecht haben. Nunja. Lange Zeit aufgelöst, nun seit ein paar Jahren wieder aktiv sind die Mannen um Sängerin und Exil-Kanadierin Yvonne Ducksworth.
Leider nicht mehr dabei: Gitarrist Tom Schwoll und der andere Gitarrist, dessen Namen mir entfallen ist. Ersatz für beide ist niemand geringeres als der umtriebige Gary Schmalzl, der auch ein ziemlicher Kauz zu sein scheint. Wirkt ein wenig wie ein Blues-Gitarrist auf der falschen Hochzeit, lallt aber bei den Ansagen herrlich unverständliches Zeug ins Mikrofon.
Yvonne ist bei den Ansagen schon konkreter, bedankt sich artig für den freundschaftlichen Empfang in der "Szene" nach der Reunion, richtet aber auch direkt das Wort gegen die Übermacht von Staat und Arbeitgeber und setzt sich ein für starke Frauen, die auch mal Arsch treten können. Das kommt, zumindest größtenteils, gut an.
Netter Auftritt, recht verspielt und mehr Alternative als Hardcore-Punk, so 100% meine Richtung ist das nicht. Kenne ja eigentlich auch nichts von der Band außer der aktuellen Scheibe "Land Of The Free-ks", von der unter anderem der Titeltrack sowie das fast schon episch in die Länge gezogene (inklusive Bandvorstellung und RATM-Cover) "Miss Demeanor" gespielt werden.
Die Band kommt übrigens gut beim Publikum an, einige hier scheinen Jingo De Lunch noch von "damals" zu kennen, nicht schlecht - wusste gar nicht, dass die Band auch im Ausland so viel Beachtung fand. Viele Deutschsprachler sind eh nicht vor Ort. Ein paar prollige Bayern, die wir nicht weiter beachten. An dieser Stelle aber schöne Grüße an die Jungs&Mädels von Missstand und die Journalistenkollegen vom Wahrschauer!
Anschließend spielen die Street Dogs, die wir geflissentlich ignorieren. Und zwar hauptsächlich aus dem Grund, ne passende Antwort parat zu haben, sollte Herr Mansmann uns nach dem Urlaub fragen, wie wir denn die Street Dogs so fanden. Naja, offen gestanden hätte ich mir die dann doch lieber angeschaut als die danach auftretenden STRUNG OUT.
Strung Out sind eine dieser Überbleibsel aus den 90ern, ohne die es dieses Festival unmöglich geben würde. Aber anders als Bad Religion und NoFX haben sie (zumindest meiner Meinung nach) den Sprung in die heutige Zeit nicht so wirklich geschafft. Kalifornischer Melodypunk, wie es ihn damals zuhauf gab.
War ja noch nicht mal schlecht was da geboten wurde, aber anders als ein zugegebenermaßen großer Teil des Publikums kannte ich nun wirklich kein Lied, und dadurch wurde es dann doch recht eintönig. Stört es jemanden, wenn ich jetzt einfach nur "nett" schreibe?
Wieder runter zum Fluss, um ein wenig den mittlerweile aufsteigenden Nebel zu genießen. Wirklich schön atmosphärisch hier! Aber eigentlich ist dieses Foto, ähnlich wie unser Aufenthalt hier, nur ein kleiner Puffer, die Ruhepause vor dem großen Sturm, denn gleich gehts los mit der Hauptband des heutigen Tages...
...THE REAL MCKENZIES! Die in meinen Augen wohl beste Folkpunkband überhaupt gibt es nun auch schon seit gefühlten Ewigkeiten, hatte zwischenzeitlich auch mal ihre lahmen Phasen, konnte mich zuletzt aber immer mehr begeistern - insbesondere der Semi-Akustik-Auftritt Anfang des Jahres in Dortmund hat mich absolut von dieser Band überzeugt.
Mit "Barrett's Privateers" betritt die Band die Bühne, und schon hier zeigt sich ordentlich Begeisterung in den Zuschauerreihen. Verdienter Headliner des heutigen Tages. Jede Menge Hits der Marke "Chips", "Scots Wha' Ha'e", "Cross The Ocean", "Bitch Off The Money" und wie sie alle heißen werden von der Bühne geschmettert.
Unter den Zuschauern (naja, sagen wir neben der Bühne) übrigens auch Eric Melvin und Fat Mike von NoFX, die anscheinend schon heute angereist sind - naja, hätte man sich ja fast denken können, schließlich gibt's in der Nähe nen Golfplatz. Fat Mike trägt sogar ein paar Backing-Vocals bei, davon aber hier kein Foto weil ihr seid alle doof.
Klar, die McKenzies funktionieren in nem kleinen Club eindeutig besser als hier auf ner Festivalbühne. Hier wirken sie tatsächlich nüchtern, und es gibt wohl nichts Schlimmeres als nüchterne Kanadier-Schotten-Amis. Macht trotzdem Spaß.
Ein entscheidendes Element der Musik ist - neben dem Alkohol - selbstverständlich der Dudelsack. Gord Taylor vereinigt quasi beides und schmeißt sogar löblicherweise ordentlich Bierdosen ins Publikum. Guter Mann!
Die Real McKenzies sind übrigens eine der wenigen Bands, die mich auch mit Akustikgitarren begeistern können, nicht zuletzt dank des großartigen Livealbums "Shine Not Burn" aus dem letzten Jahr. Auch heute gibts nen gut gefeierten Akustik-Part mit Klassikern wie "Wild Mountain Thyme", "Bastards" oder "Drink The Way I Do"
Zwischendurch lästert Paul McKenzie fleißig über Politiker, flirtet galant mit dem Publikum oder stellt klar, was der eigentliche Grund sein könnte, warum die Band mir so nüchtern vorkommt: "Laško sucks!" - so heißt (neben "Union") das heimische Bier, das bei den auswärtigen Bands wohl nicht unbedingt auf einhellige Zustimmung stößt...
Das Publikum ist recht gut gelaunt, und sogar ich schwinge zwischendurch mal das Tanzbein. Dabei bin ich aktuell sogar noch nüchterner als die McKenzies vermutlich jemals in ihrem Leben waren. Übrigens mittlerweile schon das vierte Festival, das ich ohne Alkohol mit erleben muss - ich sach ma, man gewöhnt sich dran. Hust. Und wenn Laško eh scheiße schmeckt...
Jau. Mit "Bugger Off" verabschieden uns die Real McKenzies in die Nacht. Mal wieder ist meine Truppe viel zu kaputt, um sich noch zum ausgiebigen Däncen an der Punkrockdisco hinreißen zu lassen, und auch ich kann mich leichten Ermüdungserscheinungen nicht verwehren - also ab zum Zelt...
...wo ich nach wenigen Minuten wieder rausgelärmt werde. Das Grauen des Festivals, es ist wieder da! Unser Nachbar malträtiert weiterhin fleißig seine Akustikgitarre, rempelt boshaft gegen unser Zelt und hält uns dadurch munter vom Schlafen ab. Naja - Bönx und Jojo sind auch noch wach, also machen wir ein wenig gute Miene zum bösen Spiel, Jojo liefert sich ein wunderschönes Delikat-Cover-Duett mit unserem Nachbarn, und irgendwann ist dann doch Ruhe. Gute Nacht, bis morgen!