Siegfried & Roid-Rage, Amerigo, Beasts of Love, The Jim Tablowski Experience, 06.06.2013 in Kibbuz Amir (ISR), Hakarpion Hashikor - Bericht von mrks
Siegfried & Roid-Rage, 06.06.2013 in Kibbuz Amir, Israel
Ab zur Bushaltestelle in Tel-Aviv, von der aus es in einem atemberaubenden dreistündigen Ritt quer durchs Land in den hohen israelischen Norden geht. Unsere Erwartungen sind vollkommen hochgeschraubt, da uns unser Gastgeber in Tel-Aviv am Vorabend erklärte, ein Kibutz wäre nur ein anderes Wort für Grasplantage. Es gäbe einen Pool, unendlich viel Essen und alle wären am Kiffen. Klingt wie das Sauerland.
Dave von Siegfried & Roid-Rage begleitet uns. Ein wahnsinniger Junge aus Alabama, der nach einer Tour mit seiner Band in Israel einfach geblieben ist und dort nun seit drei Jahren in Tel-Aviv lebt. Bevor der Bus losfährt, trägt er uns noch (mit beiden Händen) in ein afrikanisches Restaurant, wo wir uns an Schwammbrot und Vegan-Pampe laben. Im Bus kratze ich mein Knie an einem Lauf einer M16 eines mitreisenden Soldaten. Alles ist bestens!
Wir werden von der Endstelle abgeholt und ins Kibutz gefahren. Von hier kann man prima die Bergketten sehen, welche Israel von Syrien abgrenzen, wir sind quasi ganz oben angekommen. Ein Kibutz ist sozusagen ein kleines Dorf, früher war ein Kibutz meist sozialistisch geführt, alle arbeiteten im selben Projekt zusammen und lebten dort gemeinsam. Heute sind die meisten Kibutz ganz normale kleine Dörfchen ohne Straßen, sondern nur mit Fußwegen. Ich hoffe ich erzähl hier keinen Quatsch, aber ich glaube ich liege richtig.
Der Kerl hier vorne ist Tal und das hier ist seine Hütte. Tal veranstaltet die Show heute. Er spielt auch in einer Band die heute auftritt, den Beasts of Love. In Kibutz Amir war seit 15 Jahren keine Punkshow mehr. Na das kann ja heiter werden. Apropos Grasplantage: Tal kifft nicht und seine Freunde auch nicht. Schade.
Aber dafür bietet er uns sofort kaltes Dosenbier aus seinem Kühlschrank an, das nenn ich Gastfreundlichkeit. Wir schlürfen, tratschen und machen schlechte Witze, danach führt uns Tal durch das Dörfchen und in den Beasts of Love Proberaum.
Die Show findet dann doch in einem anderen Kibutz statt, welches wir mit dem Auto in 20 Minuten erreicht haben. Wir werden selbstverständlich gefahren, sowas lob ich mir.
Wir spielen in einer Art Gartenlaube die zur Dorfkneipe umfunktioniert wurde und wirklich sehr sehr gemütlich daher kommt. Vorne kann man sitzen, hinten auch, die Party geht aber natürlich vorne. Dave spielt ein akustisches Siegfried & Roid-Rage Set, steht also plötzlich einfach von seinem Stuhl auf, schnappt sich die Gitarre und fängt an loszukeifen. Alle umstehenden Gäste scheinen erst irritiert, dass das Konzert also hier vor dem Club einfach so stattfindet, sind aber bald im Bann des besoffenen Dave.
Ganz echt, selten habe ich akustischen Punk so treibend und spaßig empfunden. Siegfried & Roid-Rage hätte endlos weiter gehen können von mir aus. Hängen geblieben ist ein Song, in dem erklärt wird, dass Jesus ja auch nur ein kleiner Junge ist, der versucht seinem Papi gerecht zu werden. Und ein Song der mit dem Satz "CAUSE I'M A PIECE OF SHIT" endete und ein verdammter Hit ist!! Ist mit Band wahrscheinlich noch geiler, aber knallt sogar gut mit nur einer einzigen labbrigen Wandergitarre.
Danach geht's rein in die Bar, wo Amerigo schon auf der Bühne stehen. Leider hat es der unsägliche V-Ausschnitt-Trend auch bis nach Israel geschafft. Dammit!
Amerigo spielen keinen Punk, sondern eher so Red Hot Chili Peppers Muckermusik. Kann man ja erahnen bei dem Hut des Drummers und der geschulten Stimme der Sängerin.
Ist jetzt echt nichts was ich mir im Traum anhören würde und ich glaub mit so einer Musik könnte man mich nichtmal begeistern wenn es die einzige Musik auf der Welt wäre, aber ich schätze mal es war ganz gut.
Als nächstes sind Beasts of Love dran. Ein Gitarre/Schlagzeug-Duo mit Songs zwischen Nirvana und einer x-beliebigen Punkband. Ziemlich überdrehter und grade deshalb gut ins Ohr gehender Gesang kommt noch dazu und der Local-Band-Bonus wird auch noch unterstrichen durch die ganzen Kalauer und Späßchen welche Gitarrist Tal unter johlendem Publikumsgelächter in den Raum abfeuert.
Schlagzeugerfoto. Was er spielt geht gut ins Bein muss ich sagen. Texte der Band sind ein bisschen arg kitschig, aber was solls, so ist Grunge halt.
Der fehlende Bassist wird selbstverständlich durch tausend Effektpedale wettgemacht, vorallem das Wah-Wah-Pedal scheint bei den Beasts of Love sehr beliebt zu sein. Ich find den Auftritt gelungen und amüsiere mich, allerdings spielen die Jungs fast eine ganze Stunde, was einfach keine Band tun sollte find ich. Meine Meinung.
Beim letzten Lied wird das komplette Drumset vom Publikum erst auseinander gerupft und dann wieder zusammen gebaut. Keine Ahnung was das sollte, ich kann auch nicht deuten was die Leute da aufgebracht reden, da sie hebräisch sprechen. Bin überfordert und gehe erstmal ganz normal kacken. Toilettenspülung funktioniert einwandfrei. eine Sorge weniger.
Danach spielen wir und wir haben davon keine Fotos, aber wer nicht weiß wie ein Jim Tablowski Konzert abläuft, dem sei mit diesem Foto geholfen.
Die Leute scheinen uns garnicht so scheußlich zu finden und wir werden noch auf den ein oder anderen Jibbit oder wahlweise das ein oder andere Schnäppschen eingeladen. Irgendwann ist Dave voll und wir werden in ein Auto gepackt, welches uns zurück nach Tel-Aviv fahren soll. Da wir vier Leute auf der Rückbank sind, hoffen wir alle, nicht von den Bullen rausgewunken zu werden..
...Wir werden ganze zwei Mal von den Bullen rausgewunken. Das erste Mal bemerken sie nicht, dass die Rückbank vier Leute beherbergt und belassen es dabei den Fahrer auf Alkohol zu testen. Ein paar Minuten später stoppen sie uns mit Krähenfüßen auf der Straße (wir bremsen zum Glück vorher ab) und sind richtig richtig wütend über uns vier Trottel auf der Rückbank. Goodsie, der Fahrer, erfindet eine Geschichte dass wir eine gestrandete Band aus Deutschland wären und er nur helfen wollte. Irgendwie schafft er es, die Polizisten um den Finger zu wickeln, so dass sie nurnoch eben alles nach Drogen untersuchen wollen. Als sie an unsere Rucksäcke kommen, stoppt sie ein etwas älterer Polizist mit den Worten "don't search the bags of the germans, if we find something we will have a shitload to do tonight!" Super, endlich mal ein Cop der sein Hirn benutzt. Also gehts weiter und wir erreichen hundemüde unser Schlaflager...
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